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Die Vollstreckung der Todesstrafe.


Die gesetzlichen Vorschriften.

In der "Ordonnance de service des places, du 1er mars 1768." (Ordonnanz über den Dienst der Festungen, vom 1. März 1768), wurde bestimmt:

Tit. 26. Kriegsgerichte [conseils de guerre]. Hinrichtungen [exécutions].

[...]

Art. 40. Der Festungskommandant [commandant de la place] kann, wie er es für angebracht hält, die gesamte Garnison unter Waffen treten lassen, um der Hinrichtung beizuwohnen, oder nur dasjenige Regiment, dem der Schuldige [coupable] angehört, mit Abteilungen [détachemens] der anderen Truppenteile. Diese Abteilungen stellen sich zur Linken des Regimentes auf, von dem der Verbrecher [criminel] stammt, selbst wenn dieses Regiment das jüngste Regiment sein sollte.

Art. 41. Der Verbrecher wird zum Ort der Hinrichtung von einer Abteilung aus einem Lieutenant und zwanzig Grenadiers begleitet. Sobald er dort ankommt, treten die Truppen unter Gewehr, die Tambours schlagen Aux Champs, die Trompeters spielent La Marche, und jedem Truppenteil wird die Ankündigung [ban] gemacht, daß es unter Todesstrafe [sous peine de vie] verboten ist, Gnade zu verlangen [de crier grace].

Art. 42. Sobald der Verbrecher in die Mitte der Truppen geführt worden ist, läßt man ihn sich hinknien [mettre à genoux]. Man liest ihm mit lauter Stimme sein Urteil [sentence] vor. Wenn er [um gehängt zu werden] dem Henker [exécuteur] übergeben werden muß, wird er aus der Armee ausgestoßen [on le dégradera des armes], woraufhin er zum Ort des Galgens [supplice] geführt wird.

Art. 43. Wenn sich kein Henker findet, wird derjenige, der zum Tod durch Erhängen verurteilt worden ist, stattdessen erschossen [sera passé par les armes]. In diesem Fall wird das am Ende des Urteils vermerkt.

Art. 44. Nach der Hinrichtung marschieren die Truppen an dem Toten vorbei, das Regiment, aus dem der Hingerichtete stammt, marschiert dabei mit den Abteilungen der anderen Regimenter.

Die Strafe des Erhängens wurde spätestens 1793 abgeschafft.

Der "Code pénal militaire pour toutes les troupes de la République, en temps de guerre. Du 12 mai 1793." (Militärisches Strafgesetzbuch für alle Truppen der Republik im Kriege, vom 12. Mai 1793) ordnete an:

Abschnitt VI. Über die Vollstreckung [exécution] der Todesurteile [jugemens à mort].

Art. 1. Das Todesurteil [condamnation à la mort] wird militärisch vollstreckt, wie folgt:

Art. 2. Es werden vier Sergents, vier Caporaux und vier Fusiliers kommandiert, die, soweit es möglich ist, im Truppenteil des Beschuldigten [prévenu], vom Dienstältesten an, der Reihenfolge nach [à tour de rôle] bestimmt werden. Wenn dies nicht möglich ist, werden sie immer aus einem der Truppenteile ausgewählt, die sich an dem Ort der Hinrichtung befinden.

Art. 3. Diese zwölf Soldaten [militaires] werden in zwei Gliedern [sur deux rangs] formiert: sie sind bestimmt, auf den Schuldigen zu feuern, sobald ihnen der Adjutant [adjudant] das Zeichen hierzu gegeben hat.

Art. 4. Die Hinrichtung findet an einem hierzu angewiesenen Orte statt, in Anwesenheit des Truppenteils des Beschuldigten, falls er gegenwärtig ist (dieser Truppenteil formiert sich dann in Schlachtordnung [en bataille] und ohne Waffen), oder in der Anwesenheit des Truppenteils, der die Schützen [tireurs] gestellt hat.

Art. 5. Es ist immer einer der Richter [juges] des Tribunals, welches Recht gesprochen hat, bei der Hinrichtung anwesend.

Art. 6. Es wird ein Pikett [piquet] von fünfzig Mann unter Waffen kommandiert, um den Schuldigen zur Stätte seiner Hinrichtung zu führen. Falls Gendarmerie vor Ort ist, wird sie ebenfalls dazu kommandiert. Beide sind beauftragt, unter den Befehlen des Kommandanten [commandant] über die Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung [de l'ordre et de la police] zu wachen, die bei der dieser Art Hinrichtungen herrschen müssen.

Bezüglich des Adjutanten, der oben im Artikel 3 erwähnt ist, macht Étienne-Alexandre Bardin in seinem "Mémorial de l'Officier d'Infanterie, présentant la collection méthodique de tout ce que les Réglemens aujourd'hui en vigueur, et les Lois non abrogés, contiennent de particulier à cette arme." (Notizbuch des Offiziers der Infanterie, enthaltend die systematische Sammlung all dessen, was die heute gültigen Reglements und die nicht aufgehobenen Gesetze bezüglich dieser Waffe beinhalten.) folgende Anmerkung (1. Ausgabe, Paris 1809, Band. 1, Seite 51; 2. Ausgabe, Paris 1813, Band 1, Seite 54):

Es bleibt offen, ob es sich um den Festungsadjutanten [adjudant de place] oder einen des Regiments handelt. Es scheint jedoch, daß der Festungsadjutant gemeint ist, da der Artikel 4 den Fall vorsieht, daß der Truppenteil, aus dem der Beschuldigte stammt, nicht anwesend ist.

Die Augenbinde.

Die vorstehend zitierten Gesetze erwähnen Augenbinden nicht. Dennoch werden sie in Berichten von Hinrichtungen erwähnt.

Der "Arrêté concernant les dépôts de conscrits déclarés réfractaires, la composition et la compétence des conseils de guerre spéciaux, la procédure devant ces conseils et les peines contre la désertion, du 19 vendémiaire, an XII." (Erlaß über die Depots der Rekruten, die für dienstverweigernd erklärt worden sind, über die Zusammensetzung und Kompetenzen der besonderen Kriegsgerichte, über die Verfahren vor diesen Gerichten und über die Strafen auf Desertion, vom 19 Vendémiaire XII [12. Oktober 1803]) ist ein Indiz dafür, daß die Augen der Verurteilten üblicherweise verbunden wurden, da diese Verfahrensweise bei der nächstschweren Strafe, der Kugelstrafe, ausdrücklich erwähnt wird:

Tit. X. Über die Vollstreckung [exécution] der Urteile [jugemens].

Art. 76. Jeder zum Tode verurteilte Deserteur wird so hingerichtet, wie es in den früheren Gesetzen vorgeschrieben worden ist.

Art. 77. Jeder zur Kugelstrafe [boulet] verurteilte Deserteur wird an dem auf seine Verurteilung folgenden Tag zur Wachparade [parade] geführt.

Er erscheint dort, indem er die Kugel trägt, und in der Kleidung der zur Kugelstrafe Veruteilten.

Er hört das Vorlesen seines Urteils [sentence] auf den Knien [à genoux] und mit verbundenen Augen [les yeux bandés] an. Er geht daraufhin, immer noch mit verbundenen Augen, die gesamte Front der Wachen [gardes] und seines Truppenteils [corps] entlang, letzterer ist in Schlachtordnung [en bataille].

Der Truppenteil, dem er angehörte, marschiert daraufhin an ihm vorbei, dahinter die Wache [garde du jour]: seine Kompanie marschiert an der Spitze.

Art. 78. Der zu öffentlichen Arbeiten [travaux publics] verurteilte Deserteur erscheint zur Wachparade in der Kleidung der zu öffentlichen Arbeiten Verurteilten. Er hört das Vorlesen seines Urteils im Stehen und ohne verbundene Augen an, er geht nicht die Front der zur Wachparade angetreten Truppen und auch nicht die seines Truppenteils entlang, doch die Wachen und sein Truppenteil marschieren an ihm vorbei.

[...]

Die Kommandos während der Exekution.

Elzéar Blaze beschreibt in seinem Werk "La Vie militaire sous le Premier Empire, ou mœurs de garnison, du bivouac et de la caserne" [Das militärische Leben im Ersten Kaiserreich, oder Sitten in Garnison, im Biwak und in der Kaserne] die Exekution des général de brigade Claude-François de Malet am 29. Oktober 1812 (Ausgabe 1888, S. 308). Das Erschießungs-Peloton wartete anscheinend mit bereits geladenen Waffen, das Gewehr im Arm:

Mit dreizehn seiner Komplizen in die Ebene von Grenelle geführt, verlangt er als Anführer der Verschwörer die Erlaubnis, das Feuern zu kommandieren.

Portez ... armes! ruft er mit einer Donnerstimme. Das taugt nichts, wir fangen noch einmal von vorne an. L'arme au bras für alle!

Portez ... armes! Gut. Recht so.
Peloton ... armes!
Joue.
Feu ...

Alle fallen, ausgenommen Malet, der als einziger noch steht.

Und ich, verflucht noch mal [sacré nom de Dieu]. Das Reserve-Peloton vor! Gut.

Portez ... armes!
Peloton ... armes!
Joue.
Feu ...

Beschreibungen von Exekutionen.

Elzéar Blaze schildert eine typische Exekution (Ausgabe 1888, S. 306 ff.):

Die Truppen bilden ein Karree mit nur drei Seiten, die vierte Seite bleibt leer, sie dient den Kugeln als Durchlaß. Es wird geflissentlich eine große Menge Militär herbeigebracht, und sicherlich zu Recht, denn es ist zumindest denen von Nutzen, die am Leben bleiben. Der Verurteilte kommt an, ein Priester begleitet ihn. Sofort schlagen alle Tambours das Signal Aux Champs, bis der Patient [sic: patient] in der Mitte der Truppen angekommen ist. Dan schlagen sie das Signal Le Ban. Der capitaine [capitaine rapporteur] liest das Urteil vor, die Tambours beenden die Urteilsverkündung, man läßt den Mann sich niederknieen, man verbindet ihm die Augen, und zwölf caporaux, von einem adjudant sous-officier kommandiert, schießen auf den Unglücklichen, der sich zehn Schritt [6,5 m] vor ihnen befindet.

[...]

Sobald das Urteil vollstreckt ist, marschieren alle Truppenteile an diesem Kadaver vorbei; jeder kehrt in seine Stube zurück, man redet drei Tage davon, und bald denkt keiner mehr daran.

Jean-Louis Sabon, 1790 geboren, war Musiker im 69e régiment d'infanterie de ligne. Beim Ausmarsch seines Regiments aus Innsbruck am 3. Dezember 1805 war er Zeuge der Hinrichtung eines alten Grenadiers und eines Artilleristen (Soldats Suisses au Service Étranger [Band 3], Genève 1910, S. 44):

Die Hinrichtung fand beim Abmarsch statt, wie es im Kriege der gewöhnliche Gebrauch ist. Die ganze Division Loison stand unter Waffen. Die Einwohner hoben eine Grube für die beiden Schuldigen aus, vor die sie sich beide stellen mußten. Sechszehn Soldaten und Caporäle waren kommandiert, um Feuer zu geben. Auf den Trommelwirbel des Tambours ließen sich beide Verurteilte auf ihre Knie nieder, der alte Soldat war ohne Bewußtsein, weil man üblicherweise soviel Branntwein [eau-de-vie] zu trinken gibt, wie sie möchten. Der Artillerist dagegen weigerte sich zu trinken, und auch, sich die Augen verbinden zu lassen. Der Adjudant gab mit seinem Stock [canne] ein erstes Zeichen, das: en joue bedeutete, und ein zweites für: feu ! Die beiden Soldaten stürzten nieder, der alte Soldat ließ ein schreckliches Röcheln hören und wurde von einem Unteroffizier vollends getötet, welcher den Auftrag hat, dem, der überlebt, den Gnadenstoß zu geben. Nach dem Ende der Hinrichtung marschierten wir, die Musik ander Spitze, vorbei. Es ist unmöglich, die Art von Poesie zu beschreiben, den solch ein Augenblick hat. Es ist schrecklich und überwältigend, und dann, eine Viertelstunde später, gewinnt man seine normale und gleichgültige Verfassung zurück.



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