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Instruktionen für sämtliche Dienstgrade der Republikanischen Infanterie.

Das Manuskript der nachstehenden Instruktion befindet sich im Archiv des SHD (früher S.H.A.T.) im Schloß von Vincennes, im Karton 1 M 2008-31, Seiten 35-64. Dieser Karton trägt den Titel "Travail relatif à l'infanterie légère. Par Guyard, chef du deuxième Bataillon de la 23.eme demi-brigade d'Inf.rie Légère. Au camp devant Coblentz, le 29 Messidor 3eme Année rép.ne I[mpérissable]." (Arbeit über die leichte Infanterie. Von Guyard, Chef des 2. Bataillons der 22. Halb-Brigade leichter Infanterie. Im Lager vor Koblenz, am 29. Messidor des dritten Jahres der unvergänglichen Republik.) Der 29. Messidor des Jahres III entspricht dem 11. Juli 1795.

Die ersten 34 Seiten dieser "Arbeit" handeln vom Dienst der leichten Infanterie. Dieser Text ist nicht identisch mit der Instruction pour l'infanterie légère, die Guyard im Jahre XIII (1804/5) in Paris veröffentlichen ließ.

Eine frühere Version dieser "Arbeit", ohne die Instruktion für sämtliche Dienstgrade, ist mit dem 29. Juli 1794 datiert. Sie findet sich im Karton 1 M 2008-6 und beginnnt mit dem folgenden Brief:

Im Biwak von Flozé, Straße von Luxemburg, jenseits von Namur
der 11. Thermidor des zweiten Jahres der unvergänglichen Republik [29. Juli 1794].

An die Überwachungs-Ausschüsse [Comités de Surveillance].

Bürger Repräsentanten,

als euer Kollege Gillet zur Organisation der Armeen von der Mosel und der Ardennen hergekommen ist, hat er mich beauftragt, ihm alle Betrachtungen mitzuteilen, die ich zum Vorteil des Dienstes anstellen könnte. Ich habe ihm eine Kopie des vorliegenden Werkes zukommen lassen, das ich auch an euch sende. Wenn meine früheren Dienste und die Erfahrungen, die sie mir geben, durch dieses Werk meinem Vaterlande nützlich sein können, so ist dies mein einziges Bestreben.

Der Kommandeur des 16. Bataillons leichter Infanterie,
Division Mayer bei der Avant-Garde,

Guyard

Nach Danielle Quintin's Dictionnaire des colonels de Napoleon wurde Jean Rémi Guiard, genannt Guyard, am 8. Mai 1749 in Paris geboren. Von 1765 bis 1777 diente er als Soldat, Caporal und Fourrier in der französischen Infanterie, und wurde am 3. Oktober 1792 zum Chef des Bataillons der Volontaires de Sedan ernannt, dann am 30. November 1792 zum kommandierenden Lieutenant-Colonel des 3e bataillon de Volontaires du Loiret und am 21. Mai 1793 zum Chef de Bataillon des 16e bataillon d'infanterie légère. Bei der Verschmelzung ging dieses Bataillon am 12. Oktober 1794 in der 16e demi-brigade d'infanterie légère auf, die bei der zweiten Verschmelzung am 8. Juli 1796 den Namen 22e demi-brigade d'infanterie légère erhielt. Guyard erhielt am 20 Juni 1797 den Abschied, wurde aber danach noch mehrere Male wieder im aktiven Dienst verwendet. Er starb in Paris am 19. Oktober 1817.

Instruktionen für sämtliche Dienstgrade der Republikanischen Infanterie.

Die republikanischen Soldaten können nicht mit denen der Despoten gleichgesetzt werden, die ersteren handeln nur aus Ehrgefühl und als Mitglieder des sozialen Körpers, die anderen dagegen gehorchen knechtisch den Launen eines Mannes, den in der Regel die Leidenschaften, die ihn beseelen, zu einem Monster in den Augen der Philosophie und der Gesellschaft machen.

Der französische Soldat hat seit der Revolution nicht die Zeit gehabt, einen aufmerksamen Blick auf seinen Zustand zu richten: ermüdet durch die beschwerlichen Tätigkeiten des Krieges, und noch mehr durch die kleinen Intrigen einiger großer Schurken, die die Tyrannei nur deshalb gestürzt hatten, um selber zu Tyrannen zu werden. Er hat die Würde seines Berufs als Soldat nicht erkennen können. Als Bürger hat er die unbeschreiblichen Güter der Revolution noch nicht kosten können, doch die Zeit ist gekommen, wo er, durchdrungen von seinen Pflichten gegenüber dem Vaterland, zufrieden sagen können wird: Ich bin glücklich, für das Vaterland einzustehen, weil ich als Belohnung die wahre und unerschütterliche Ehre und die Freundschaft meiner Mitbürger finde, die ich verteidigt haben werde, indem ich meine eigene Freiheit, meinen Besitz und mein Leben verteidige.

Halten wir hier, so kurz und bündig wie möglich, die Eigenschaften fest, die unerläßlich sind, um Soldat zu sein, und wenn jeder die Wahrheit der Grundsätze, die ich hier aufstelle, erkannt haben wird, so möge er sie gut in sich aufnehmen und in die Tat umsetzen: dannn können wir sagen, daß wir eine Armee haben, die aus Männern besteht, die wie dazu geschaffen sind, durch ihre Tugenden und ihre Tüchtigkeit, die beide untrennbar miteinander in Verbindung stehen, das Universum in Erstaunen zu setzen.

Die Pflichten des Soldaten sind nicht anstrengender als die des Bürgers. Wie dieser, ist er lediglich dem Gehorsam gegenüber den Gesetzen unterworfen, und sowohl im Militärstand als auch im Privatleben ist jeder Übertreter des Gesetzes ein gefährliches Wesen, gegen das streng durchgegriffen werden muß.

Der Mann, der sich dem Militärstande widmet, muß daher gehorsam sein, mehr noch als tüchtig. Er darf niemals waghalsig sein, denn dann könnte er das Leben seiner Kamerden und das öffentliche Interesse in Gefahr bringen. Ein waghalsiger Mensch ist immer gefährlich, der Mut und die Tüchtigkeit sind kriegerische Tugenden, so wie die Waghalsigkeit ein Laster ist, das normalerweise der Trunkenheit oder der Eitelkeit entspringt. Im übrigen wird ein Soldat, der es gewohnt ist, niemand anders zu gehorchen als seinen Vorgesetzten, seine Leidenschaften zu beherrschen wissen und ein mutiger Mann sein.

Wir sagen daher, daß ein Soldat gehorsam sein muß: ja, kein Zweifel ! Aber gehorsam gegenüber den Gesetzen und nicht wie ehemals gegenüber den Launen der Menschen: Nichts ist so natürlich wie der Gehorsam gegenüber den Gesetzen. Zunächst, weil sie ein Ausdruck unseres Willens sind und wir, indem wir ihnen gehorchen, nur unsere eigenen Beschlüsse bestätigen. Und schließlich sind die Gesetze für das Glück aller gemacht worden, und ihnen nicht zu gehorchen, bedeutet, sich zum Feind des öffentlichen Glücks zu erklären.

Wenn ein Soldat seinem Vorgesetzen gehorcht, ist es unbestreitbar nur das Gesetz, dem er gehorcht, und nicht das Individuum; denn sein Vorgesetzter kann ihm nichts befehlen als die Ausführung eines Gesetzes; einerseits, weil er ihm Befehle bezüglich der auf dem Gesetz basierenden Ordnung und Disziplin erteilt, andererseits, weil der Soldat, der seinem Vorgesetzten nicht gehorcht, diesem gegenüber bezüglich des Gesetzes, dem er selbst zugestimmt hat, im Widerspruch steht, und der Gesellschaft gegenüber schuldig ist, da er die Harmonie stört.

Was den Dienst angeht, so sind alle Menschen übereingekommen, daß es, abgesehen von Krankheit, keine akzeptablen Gründe geben kann, um sich davon freizustellen, und derjenige, der sich ihm entziehen will, begeht ein Verbrechen, das ihn zum Tode führt. Falls ein Offizier oder Unteroffizier zufällig einem Soldaten einen Dienst befiehlt, ohne daß dieser an der Reihe wäre, muß der Soldat zunächst gehorchen, doch bleibt es ihm überlassen, danach dem Offizier zu beweisen, daß er sich geirrt hat oder daß er seine Autorität mißbraucht hat, und ihn im letzteren Falle, falls er es für geboten hält, bestrafen zu lassen.

Was die innere Ordnung der Truppenteile anbelangt, so besteht sie durch das Gesetz, doch da sie die allgemeine Sicherheit nicht wesentlich berührt, ist derjenige, der des Ungehorsams wegen eines Punktes der inneren Ordnung schuldig ist, nicht im gleichen Maße schuldig, wie wenn es sich um den Dienst handelt.

Zum Beispiel umfaßt die innere Ordnung der Truppenteile

1. die Reinlichkeit,
2. die Wachsamkeit,
3. die Ehrenhaftigkeit gegenüber seinen Kameraden,
4. das Spiel,
5. die Enthaltsamkeit,
6. die uneingeschränkte Ehrlichkeit.

Alle diese Punkte sind in den Gesetzen für die Truppen enthalten. Ihre Befolgung ist für die soziale Ordnung und die finanziellen Mittel der Republik von Wichtigkeit.

Und hier der Beweis.

Die Reinlichkeit liegt im Interesse der sozialen Ordnung, weil der unreinliche Soldat seine Gesundheit gefährdet, denn falls er verwundet wird und seinen Körper nicht sauber gehalten hat, unterliegt er der Gefahr, daß seine Wunde unheilbar wird oder er sogar daran stirbt; und das bedeutet nun aber offenkundig, daß er nicht mehr Teil der sozialen Ordnung ist, daß er also das Menschsein gefährdet, das deren erstes Prinzip ist.

Der Soldat, der bei der Pflege der Kleidungs- und Ausrüstungsstücke, die ihm die Republik gibt, nicht reinlich ist, schadet den finanziellen Mitteln des Staates, denn indem er seinen Kleidungs- und Ausrüstungsstücken weniger Sorgfalt widmet, nutzt er sie unendlich mehr ab, und falls man ihn sie bezahlen läßt, reicht ihm der verbliebene Rest seines Soldes nicht mehr aus: also zahlt die Republik mehr für ihn als für einen anderen, was nicht sein darf, denn wenn die Regierung solcherart die Unreinlichen tolerierte, beginge sie eine Ungerechtigkeit, wenn sie nicht demjenigen, der mehr Sorgfalt auf seine Kleidungs- und Ausrüstungsstücke verwendet hat, einen Ausgleich zahlte, und damit würde sie zahllose Beschwerden heraufbeschwören.

Die Wachsamkeit ist eine der für einen Soldaten notwendigen Eigenschaften, von der die Sicherheit der Armeen und sein Leben abhängen. Die Wachsamkeit erstreckt sich auch darauf, stets auf den ersten Befehl bereit zu sein und seine Waffen immer in gutem Zustand zu haben, bei den Wachen ständig in Aktivität zu sein, um Überfälle zu verhindern, und auf dem Wachtposten selbst unaufhörlich ringsum zu horchen und zu beobachten, um, sei es tags, sei es nachts, die Annäherung des Feindes rechtzeitig zu melden und sich gegenüber allem, was aus dieser Richtung kommt, zu sichern, um nicht Fehler zu begehen, die das Leben einer ganzen Armee kosten könnten. Schließ erholt sich die Armee von ihren anstrengenden Tätigkeiten aufgrund der Wachsamkeit des einzelnen Postens. Mangender Wachsamkeit schuldig zu sein, ist im Kriege ein Verbrechen, das mit dem Tode bestraft wird.

Die Ehrenhaftigkeit gegenüber seinen Kameraden. Die Ehrenhaftigkeit ist eine Folge der Erziehung, die der Mensch erhalten hat, und ein Korrektiv der Sitten. Die Ehrenhaftigkeit ist, falls man es sagen kann, für einen Soldaten wichtiger als für jeden anderen Menschen. Für einen Soldaten, weil diese Klasse üblicherweise aus aus jungen Leuten besteht, die der Kraft der Leidenschaften unterliegen, und wenn man in diesem Alter nicht streng darauf hält, daß sich die Soldaten untereinander ehrenhaft verhalten, würden daraus alle Tage Streitigkeiten und Prügeleien entstehen, welche die Harmonie beeinträchtigen, die unter Männern, die für dieselbe Sache kämpfen, herrschen muß.

Selbst zu den Zeiten, als der Soldat nur einem Despoten diente, hörte man immer von der Notwendigkeit, innerhalb der Truppe ehrenhaft zu sein, umso mehr nun, da er ein Mann des Gesetzes ist, und Mitglied der Gesellschaft, die er verteidigt.

Das Spiel, das für die Menschen nur eine Erholung sein sollte, ist für viele, und besonders für Soldaten, ein Objekt der Berechnung und von Kniffen geworden, die oft erniedrigend für den sind, der sie anwendet. Das Spiel hat alle antisozialen Nachteile, es macht aus einem arbeitsamen und daher nützlichen Mann einen Entehrten und manchmal einen Spitzbuben, es führt Duelle herbei, und wenn ein Spieler die Hoffnung hat zu gewinnen, kann ihn weder Ehre noch Pflicht und auch sonst nichts zurückhalten, er gibt der Neigung nach, die ihn mitreißt, und versagt in dem, was dem ehrenhaften Mann, dem Republikaner, am heiligsten ist.

Das Gesetz spricht Strafen gegen die berufsmäßen Spieler aus, doch sie sind nicht streng genug, und die Kommandeure der Truppenteile müssen darauf halten, daß in ihren Lagern, Kantonnierungen oder Garnisonen niemals um Geld gespielt wird.

Die Enthaltsamkeit ist eine der wesentlichen Eigenschaften des Soldaten. Um enthaltsam zu sein, muß man sich durch soziale Tugenden und Tüchtigkeit vor den anderen Menschen auszeichnen, und daher sind Nichtenthaltsamkeit oder gar Rausch Fehler, die den Menschen herabwürdigen und ihn wilden Tieren ähnlich machen.

Der Rausch versetzt den Menschen in einen Zustand, in dem er alle möglichen Dummheiten und Verbrechen begeht, sie macht ihn rasend, auch wenn er ihn oft genug zum Feigling macht, während der benebelte Kopf sich langsam erholt. Schließlich macht der Rausch es dem Soldaten unmöglich, seine Pflicht zu tun, vor allem seine militärische Pflicht, denn man kann ihn auf keinen Posten stellen, ohne ihn selbst, und alles, was seiner Wachsamkeit anvertraut ist, in Gefahr zu bringen. Deswegen spricht das Gesetz die Todesstrafe gegenüber allen aus, die sich während ihres Dienstes in der Armee berauschen, und diese Strafe, auch wenn sie sehr streng ist, ist dennoch wohlverdient, dennn derjenige, der sie sich zuzieht, kann eine ganze Armee in Gefahr bringen, und manchmal selbst das Geschick zweier Nationen.

Schließlich die uneingeschränkte Ehrlichkeit. In der Gesellschaft muß die Ehrlichkeit das erste Prinzip des Betragens des Menschen sein. Im Militär muß dies ständig im Bewußtsein sein. Denn die Gelegenheiten fehlzugehen, sind hier zahlreicher als in dem normalen Zustand eines Bürgers. Beim Militär ist nichts verschlossen, in den Kasernen liegt alles offen, oder ist zumindest so aufbewahrt, daß es von allen Mitgliedern derselben Stubengemeinschaft einer Kompanie berührt werden kann. Da die ihren Blicken zugänglichen Sachen verführerischer sind als solche, die weggeschlossen sind, die Versuchungen also stärker sind, sind die Willensstärke oder gar die Gleichgültigkeit des Mannes umso verdienstlicher, der sagen kann: Ich darf nicht auf die Sachen eines anderen achten, außer um sie für ihn in seiner Abwesenheit zu bewahren.

Sicherlich ist die andauernde Probe, auf die die Soldaten gestellt werden, eine Garantie für die Ehrlichkeit dessen, der sie bestanden hat.

Der Soldat muß aus vielen Gründen zurückhaltender sein als andere: er ist dafür da, die Gesetze auszuführen, welche unbedingten Respekt des Eigentums verlangen, so daß ihm oft die Bewachung wertvoller Sachen anvertraut wird. Schließlich schmückt ihn seine Eigenschaft als Soldat mit dem allgemeinen Vertrauen. Daher, wenn einst der Soldat nur ein Werkzeug der Rache eines Menschen war, und er nun frei und genauso mächtig wie dieser Mensch geworden ist, wieviel mehr muß er nicht darauf bedacht sein, das Vertrauen zu rechtfertigen, das seine Mitbürger in ihn setzen, und zu verdienen, sagen zu hören: Nur unter den Republikanischen Soldaten findet sich zuverlässige Ehrlichkeit ...

Daß jeder Soldat alles, was hier gesagt wurde, aufmerksam lesen möge, daß er sich der heiligen Menschenrechte erinnern möge, denn dann wird er die Ehre verdienen, ein Republikaner zu sein, und in dieser Eigenschaft die Sklaven und ihre Herren zu zwingen, ihn zu respektieren und ihn sogar um sein Schicksal zu beneiden.

Der Rest der Instruktion ist aktuell nur in der französischen Version verfügbar.



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