Marsch von Lauenburg an der Elbe über Damnatz zur Göhrde.


Un joli lac.
Ein kleiner regenbogengeschmückter See an der Elbe. Leider war es zum Baden schon etwas zu kühl.


Montag: von Lauenburg bis Radegast.

Pas Perdu.
Die weißen Punkte hinten auf dem See sind Gänse.

Nach einem ereignisreichen Wochenende im Museumsdorf Kiekeberg, das mir vor allem in kulinarischer Hinsicht aber auch durch die lustigen Abende im Gedächtnis haften bleiben wird, machten ich und Sergent Sans-Souci uns auf nach Lauenburg an der Elbe. Grenadier Le Tabac brachte uns nach einem Kaffee bei ihm zu Hause netterweise dort hin.

[Wir konnten vorher bei einem Offizier eine Karte der Niederelbe einsehen. Pas Perdu hatte danach eine Kartenskizze für die erste Hälfte unserer Marschstrecke, bis Neu-Darchau, gezeichnet, und ich eine für die zweite Hälfte, bis Damnatz. Zusätzlich, um sicherzugehen, fragten wir hin und wieder ein paar Leute, die uns begegneten, doch war das eigentlich unnötig.]

Wir marschierten also frohen Mutes und stets in ein munteres Pläuschchen verwickelt los und hielten uns immer auf dem Elbdeich, so konnten wir uns auf gar keinen Fall verlaufen. Jedoch begannen nach einiger Zeit bereits die Schultern zu schmerzen, da unsere Tornister nicht gerade die leichtesten waren. Dieser Schmerz sollte im Laufe der Woche wandern um sich dann zum Ende des Marsches in den Füßen zu konzentrieren, jedenfalls bei mir.

Es war hervorragendes Marschier-Wetter und wir pausierten von Zeit zu Zeit um das Panorama zu genießen.

[Ein kleiner romantischer See war so schön, daß wir beschlossen, unsere Ruhepause weit über die zuerst veranschlagten fünf Minuten hinaus zu verlängern, um den Ausblick zu genießen, der akustisch von dem auf- und abschwellenden Schnattern zahlreicher Gänse untermalt wurde. Am Horizont wies uns ein Regenbogen den Weg, zeitweise war es sogar ein Doppelregenbogen.]

Als die Sonne schon recht tief stand, wurde uns klar, dass wir unser Etappenziel heute wohl nicht erreichen würden, weswegen wir uns dazu entschlossen, im nächsten Dorf um Quartier zu bitten. Wir wollten es zuerst beim Pfarrer probieren. Glücklicherweise verfügte das auserwählte Dorf, Radegast, sogar über eine Kirche samt Pfarrhaus. Unglücklicherweise war jedoch niemand zu Hause, als wir klopften.

Im Nachbarhaus wohnte jedoch eine sehr hilfsbereite Familie, die uns nach kurzer Zeit an den Bauern Karsten vermittelte, der zur Zeit des Elbehochwassers die Bundeswehr in seiner Scheune einquartiert hatte. Statt in der Scheune wurden wir dann in einem Heuhotel untergebracht. Uns wurde sogar eine Ferienwohnung angeboten, dies lehnten wir jedoch dankend ab.

Kaum angekommen und Tornister abgelegt, kam auch schon der Bauer samt einem Kasten Bier, Frau, Sohn und einem befreundeten Ehepaar vorbei. Man unterhielt sich gut und wir wurden mit zahlreichen Anekdoten aus dem Dorfleben erheitert.

[Der dumme Spruch des Tages: ein Arbeiter sieht uns und ruft uns von der Seite zu: "Wir seid ihr denn drauf !?" Unsere Antwort "Gut natürlich." erspart uns ein oberflächliches Gespräch.]

Dienstag: von Radegast bis Neu-Darchau.

Am nächsten Morgen durften wir sogar die Dusche benutzen und uns wurde ein Frühstück kredenzt. Gestärkt machten wir uns wiederum auf den Weg. Dieser führte uns nun durch etwas dichter besiedeltes Gebiet, wo wir vor allem von der weiblichen Bevölkerung des öfteren den Ausspruch "Ihr seht aber gut aus !" zu hören bekamen.

Opferberg.
Abenddämmerung auf dem Barskamper Opferberg.

Gegen Mittag rasteten wir auf dem Elbschloss Bleckede. Zunächst hatten wir jedoch kaum Zeit, unser kühles Bier zu genießen, da die örtliche Presse, eine Grundschulklasse und eine Hochzeitsgesellschaft auf uns aufmerksam geworden waren. Wir gaben also ein kurzes Interview, ließen uns fotografieren, befriedigten die Neugier der Kinder und ließen uns noch ein Bier ausgeben.

Dann machten wir uns auf nach Breetze, wo wir einen Findlingskreis besichtigen wollten. Dieser stellte sich leider als Enttäuschung heraus. Ich hatte gedacht, es handle sich um irgendeine alte geheimnisvolle heidnische Kultstätte, tatsächlich waren es jedoch nur ein paar Steine, die irgendwer in einen Kreis gelegt hatte, um dann anhand einiger Tafeln deren Entstehung zu erläutern.

Unser nächstes Ziel war dafür aber umso interessanter. Es waren die Hünengräber und der Opferberg in Barskamp. Wir langten dort in der Dämmerung an, was dem ganzen noch mehr Atmosphäre verlieh. Leider war es nun aber schon fast dunkel und wir hatten noch keine Übernachtungsmöglichkeit gefunden.

[Im nächsten Ort, Walmsburg, gab es keine Kirche. Wir klingelten bei einem großen Haus, in dem noch Licht brannte. Der Besitzer machte uns wenig Hoffnung: Alle Bauern im Dorf hätten die Viehzucht aufgegeben und daher kein Stroh mehr, eine Kirche gebe es erst in Neu-Darchau. Also weiter nach Neu-Darchau.]

Dort angekommen, wussten wir nicht recht, an wen wir uns wenden sollten zwecks Übernachtung. Also kehrten wir erst einmal erschöpft ins letzte Haus, in dem noch Licht brannte, ein, die Dorfkneipe. Dort schilderten wir den letzten, bereits ein wenig alkoholseligen Gästen bei einer Flasche Astra unsere Lage und fragten, ob jemand Rat wüsste.

Daraufhin zückte einer der Anwesenden sein Mobiltelephon und begann, alle Leute anzurufen, die einen potentiellen Schlafplatz für uns haben konnten. Es mag der späten Stunde geschuldet sein, aber es konnte oder wollte uns niemand mehr aufnehmen. So bot er uns nach einer weiteren Flasche Astra an, bei ihm zu übernachten. Gerne nahmen wir an, und er spendierte uns bei sich sogar noch einen Teller Bratkartoffeln.

[In der Wohnung wurden wir von einem knurrenden weißen Husky begrüßt. Pas Perdu nahm eine einschüchternd aufrechte Körperhaltung an, ich hockte mich hin und reichte dem Hund die Hand zum Schnuppern, sein Herrchen redete auf ihn ein, gefälligst nicht zu knurren. Das war zuviel für das arme Hundehirn. Aus dem Konzept gebracht, drehte das Hündchen sich um, verzog sich ins Schlafzimmer, und ignorierte uns für den Rest der Nacht.

Heute gab es keinen extrem dummen Spruch, doch wurden wir wie immer ständig von Leuten angequatscht. Die Publikumsarbeit in der gesamten Gegend war vorzüglich, nahezu jeder wußte von der "Göhrdeschlacht". Die Leute, die nicht nur bei oberflächlichem Smalltalk blieben, erzählten meistens von dem Hochwasser drei Monate vorher. Alle waren froh, daß der Damm etwa 100 km elbaufwärts bei Fischbeck brach und dadurch ihr eigenes Heim gerettet wurde.]

Mittwoch: von Neu-Darchau nach Damnatz.

Pas Perdu.
Der Anblick täuscht: die Stimmung ist gut.

Unser Wohltäter war auf dem Bau tätig, deswegen mussten wir uns am folgenden Morgen bereits um 5:30 Uhr auf den Weg machen. Zu allem Überfluss regnete es auch noch. Wir verließen den Ort und machten sogleich in einer alten Imbissbude an einem verwaisten Parkplatz Halt und schliefen dort erst mal noch einige Stunden.

Es folgte ein langer Marsch an der Elbe entlang über Hitzacker nach Damnatz. Dort sollten wir auf ein kleines internationales Kontingent treffen, mit dem wir das letzte Stück bis zur Göhrde zurück legen wollten.

[In Hitzacker zeigte uns ein fröhlicher Fischhändler kurz die Innenstadt und spendierte jedem von uns einen Apfel. Kurz hinter Hitzacker tranken wir einen Kakao in einem Restaurant mit Elbblick. Beim Eintreten fragte uns eine der Kellnerinnen mit einem Tonfall, als würden wir eine schon seit Tagen tote Katze mit uns herumtragen: "Sind das etwa Waffen ?" Wir antworteten mit einem "Keine funktionsfähigen !" und wurden trotzdem bedient.

Etwa ein Stunde vor Damnatz machten wir eine kurze Rast, als sich ein Auto näherte und hielt. Statt der üblichen Photographiererei wurden wir jedoch aufgefordert, einzusteigen und mitzukommen, wir würden in Damnatz erwartet, und das Gefecht ginge in einer Stunde los. Irgendwer mußte uns auf dem Damm gesehen und in Damnatz verpfiffen haben. Wir beharrten jedoch darauf, den Rest des Weges zu Fuß zurückzulegen.]

In Damnatz angekommen, wurden wir sogleich in ein kleines Gefecht verwickelt, um die Dorfbewohner zu erfreuen. Entschädigt wurden wir dann am Abend mit einer sehr wohlschmeckenden Gulaschsuppe und einem Quartier im Carport des Bürgermeisters.

[Zwei junge Mädchen aus dem Dorf liefen während des Gefechts herum und boten Erfrischungen an, wie es auch vor 200 Jahren patriotische Mädchen des Dorfes im Gefecht getan hatten. Die beiden kannten sich aber mit den Uniformen nicht aus, so daß dieses Mal auch wir Franzosen von ihrer Vaterlandsbegeisterung profitieren.

Am Ende zogen wir Franzosen uns in die Kirche zurück und kapitulierten. Wir wurden entwaffnet und weggeführt. Ich versuchte zu entwischen, blieb aber beim Sprung über einen Zaun mit meinem Säbelbandelier hängen und wurde sogleich von einem Grenadier der KGL festgehalten. Ihm war aufgefallen, daß ich mich vor meiner versuchten Flucht in alle Richtungen umgegeguckt hatte, um die vielversprechendste Gelegenheit zu identifizieren.

Der dumme Spruch des Tages: ein älterer Mann mit seiner ebenso alten Frau im Schlepptau sah uns und quatschte uns mit der Frage an: "Wir hängt denn das zusammen ?" Während wir noch über die möglichen Zusammenhänge dieser Frage mit uns nachgrübelten, spezifizierte er: "Warum tragen Sie so eine Uniform ?" Der Rest des Gesprächs verlief nach Schema F: "200 Jahre, Franzosen, Göhrde, Marsch, Aha, Danke, Auf Wiedersehen."]

Donnerstag: von Damnatz nach Plumbum.

Sans-Souci.
Der Tornister drückt etwas.

Am nächsten Morgen versammelten wir uns, um bald darauf aufzubrechen. Erstaunt verfolgten Sans-Souci und ich die Marschvorbereitungen der anderen. Einige schienen etwas falsch verstanden zu haben. So machten einige den Eindruck, als wollten sie die Flucht deutscher Zivilisten aus Ostpreußen zum Ende des Zweiten Weltkrieges nachstellen. Diese waren nämlich mit einem Bollerwagen unterwegs. Andere wiederum schienen zu denken, es handle sich um einen Überprüfungsmarsch bei der Bundeswehr. So auch der Veranstalter, er preschte mit modernen Bergstiefeln vorneweg und legte nach einigen Kilometern sogar den Tornister ab. [Das hatte jedoch wenigstens den Vorteil, daß er später den Tornister eines ermatteten Soldaten aufnehmen konnte.]

[Ich und Pas Perdu, mittlerweile schon drei Tage im Marschieren mit bepacktem Tornister trainiert, hielten mit, obwohl es uns schon etwas sauer wurde, fielen aber immer wieder ein paar Schritte zurück. Ein paarmal nahmen wir die einige hundert Schritt zurückgefallenen anderen Marschteilnehmer zum Vorwand, zu einem kurzen Halt aufzufordern, bis sie heran waren.

Am späten Vormittag sangen wir an der Spitze der Marschkolonne abwechelnd ein paar französische und deutsche Lieder. Das beschleunigte unsere schleppenden Schritte auf den Takt des Gesangs und lenkte uns gleichzeitig von unserer Erschöpfung ab, weil wir uns auf die Texte konzentrieren mußten. Jedenfalls wirkte es so bei mir. Das Ende der Marschkolonne ließ sich von unserem neuen Schwung nicht anstecken, sondern blieb im Gegenteil nur umso weiter zurück.

Nachmittags kam der Veranstalter des Marsches auf die Idee, mich und Pas Perdu vorneweg marschieren zu lassen und uns zu folgen, um die Kolonnenspitze beisammen zu halten. Den anderen Marschteilnehmern half das nicht, wir waren für sie zu schnell und für den nörgelnden leichtfüßigen Veranstalter trotzdem zu langsam.]

Nach einer mittäglichen Rast in Danneberg erfolgte ein erfrischendes Waldgefecht, bei dem Sans-Souci und ich einen mitgeführten Fourage-Wagen eroberten, indem wir die zu dessen Schutz abgestellten Kavalleristen austricksten.

[Wir hatten eine schöne Stelle im Wald gefunden, an der man sich zu beiden Seiten, etwa 100 Schritt vom Weg entfernt, gut verstecken konnte. Wir fünf Bewaffnete auf Franzosenseite waren den gegnerischen sieben KGLern mit zwei Kürassieren zahlenmäßig unterlegen, deshalb kam es darauf an, sie zu trennen, um irgendwo doch die zahlenmäßige Überlegenheit zu erreichen.

Unser Plan: Drei Mann versteckten sich links vom Weg, zwei Mann (Sans-Souci und Pas Perdu) rechts vom Weg. Die Marketenderinnen ließen sich vorne an einer Lichtung sehen und versuchten den Eindruck zu erwecken, sie wären schlecht versteckte französische Infanterie. Der Gegner sollte sie entdecken, eine Schützenlinie gegen sie entwickeln, die daraufhin von einem unserer Flügel in der Flanke angegriffen werden sollte. Wahrscheinlich würde sich dann die ganze feindliche Infanterie kampfbegierig auf diesen Flügel werfen, der sich jedoch zurückziehen und die Gegner weglocken sollte. Unser anderer Flügel sollte dann nach den Umständen handeln und versuchen, soviel Schaden wie möglich anzurichten.

Wieder einmal wurde bestätigt, daß kein Plan die ersten Minuten seiner Konfrontation mit der Wirklichkeit überlebt. Ich und Pas Perdu beobachteten, in etwa 100 Schritt Entfernung hinter einem Baum am Boden liegend, aber nicht unsichtbar, daß unsere Gegner ihre Wagen vorneweg an der Spitze fahren ließen, ohne Bedeckung ! Hätten wir das vorher gewußt ! Erst dahinter folgten die beiden Reiter, und weit dahinter die gegnerische Infanterie. Unsere Marketenderinnen ließen sich trotzdem sogleich gefangen nehmen.

Die gegnerische Infanterie, die ohne Flankendeckung mitten auf dem Weg marschierte, wurde von unserem anderen Flügel beschossen und verfolgte ihn, als der sich planmäßig zurückzog. Die beiden neugierigen feindlichen Reiter beobachteten konzentriert das Kampfgeschehen, so daß wir beschlossen, sie von hinten zu überraschen und zu überwältigen. Als wir uns näherschlichen – sie waren so abgelenkt, daß sie das Knacken der ganzen Zweige unter unseren Füßen nicht bemerkten – ritten sie sogar ein Stück in Richtung des Gefechts vor, und ließen so ihren Train ungedeckt. Dankeschön ! Die unbewaffneten Fahrer und Bollerwagenzieher ergaben sich, unsere Marketenderinnen wurden befreit. Als die beiden Reiter ihren Fehler bemerkten und zurückkehrten, konnten sie gegen unsere geladenen Musketen nichts mehr ausrichten.]

Schließlich kamen auch die übrigen Truppen, Freund wie Feind, deren Schüsse sich anfangs immer mehr im Wald entfernt hatten, zurück, und wir setzten unseren Marsch fort. Weil wir spät dran waren, gab es kein weiteres Gefecht.

[Auf dem weiteren Weg kam es wegen des hohen Marschtempos, der Erschöpfung und der durch ungeeignete Fußbekleidung verursachte Blasen einiger Mitmarschierer zu einer Art Meuterei. Zwei verschiedene Konzepte trafen aufeinander: Der Veranstalter hatte den Marsch organisiert, die Strecke ausgesucht, Infrastruktur (Übernachtungsgelegenheiten und Essen) bereitgestellt, und führte uns auf dem Weg (war war auch der einzige, der die genaue Marschstrecke kannte). Was wir aus diesen Rahmenbedingungen machten, war in seinen Augen unsere Sache. Einige Marschteilnehmer hatten sich dagegen einen Kommandeur erwartet, der alle Marschierer zusammen auch wirklich "führte": sich für das seelische und körperliche Wohl der Leute verantwortlich fühlte und sich darum kümmerte.]

Am Abend langten wir in einem kleinen Dorf mitten im Wald namens Plumbum an. Dort befand sich ebenfalls ein Heuhotel, in dem wir nach einer leckeren Erbsensuppe und dem Waffenreinigen die Nacht verbrachten.

Freitag: von Plumbum an die Göhrde.

Pas Perdu.
Als Flankendetachement.

[Am nächsten Morgen waren wir weniger Marschierer als gestern. Einige waren fußkrank, andere scheuten die Anstrengung eines weiteren Marsches, wieder andere waren aufgrund ihrer gestrigen Erfahrungen demotiviert mitzukommen, noch andere kamen aus Solidarität mit ihren demotivierten Kameraden nicht mit. Jedenfalls brachten sie sich so um ein spannendes Erlebnis.]

Wir wählten nun eine reglementskonforme Marschordnung mit einem Mann als Vorhut 100 bis 200 Schritte voraus und je einem Mann als linkem und rechtem Flankendetachement, die sich ca. 100 Schritte links und rechts der Marschkolonne im Wald hielten. Das Zentrum und gleichzeitig die Reserve bildeten die verbliebenen Infanteristen, gefolgt vom Fourage-Wagen und den zwei Kavalleristen, die gelegentlich die Vorhut ablösten. Auf den Flanken zu marschieren, stellte eine besondere Herausforderung dar, da man nasse Füße bekam und der Wald teilweise undurchdringlich war.

[Während der Haupttrupp und die Vorhut auf dem Weg zügig voranschritten, hatten die Flankendeckungen mit den Unbillen des waldigen Terrains zu kämpfen: Hang rauf, Hang runter, durchs Dickicht, über Gräben oder umgestürzte Bäume, einzelne Stellen des Waldes waren so dicht, daß man sie umgehen mußte. Gleichzeitig mußte man ständig nicht nur den unebenen Boden vor sich, sondern natürlich auch die Umgebung beobachten, um die Feinde zu sehen, bevor man selber von ihnen gesehen wurde. Wahrscheinlich wurde man aber sowieso zuerst von ihnen gehört, denn für eine leise Fortbewegung war keine Zeit, unerbittlich eilte der auch heute wieder von unserem Vernastalter geführte Haupttrupp auf dem Weg weiter. Am übelsten war es, wenn der Weg des Haupttrupps eine Biegung machte. Die Flankendeckung auf dem äußeren Flügel mußte, um den Seitenabstand zu halten, einen weiten Bogen marschieren und hechelte dem Haupttrupp hinterher, wo sie sich doch eigentlich neben und etwas vor ihm bewegen sollte.]

Wir wurden jedoch (leider) nicht angegriffen. So griffen wir dann unsererseits bei unserem Eintreffen das Göhrdebiwak an.

Im Biwak trafen wir wieder mit dem Grenadier Le Tabac zusammen, der uns sogleich mit Speis und Trank empfing. Außerdem hatte die Magd Manja noch eine halbe Flasche Kiekeberger Heidekorn für uns mitgeschmuggelt, an dem wir uns gütlich taten. Wir errichteten eine Strohhütte und begannen, unsere Schuhe, Gamaschen, Socken und Fußlappen zu trocknen. Der Abend war etwas verregnet, er wurde uns aber mit Freibier und Frei-Wildschwein versüßt. [Ein Hoch auf den großzügigen Bürgermeister !]

Wochenende: an der Göhrde.

Pas Perdu und Sans-Souci.
Nach zehn Tagen Re-Enactment. Wann geht es weiter ?

Das Wochenende an der Göhrde war im Vergleich zur vergangenen Woche sehr erholsam. Meine geschundenen Füße wurden verarztet und wir verbrachten die meiste Zeit mit essen und trinken und entspanntem Waffenreinigen. Unterbrochen wurde dies am Samstag lediglich durch ein längeres Dorfgefecht mit anschließender Gefechtsdarstellung.

[Am Samstag kam Axel, der Bollerwagen-Braunschweiger, vorbei und sah sich Pas Perdus Fuß an. Die ganze Ferse war aufgeschrubbelt. Während Axel, früher Sani bei der Bundeswehr, rumoperierte und die tote Haut wegschnitt, näherten sich Touristen. Eine Frau drehte sich angewidert weg: "Das ist ja echt !" Ein Mann mittleren Alters dagegen blieb unverfroren stehen und guckte grinsend zu, bis wir ihn etwas barsch wegschickten.]

Es war sehr angenehm, die Schlesischen Kürassiere Berti und Friedrich, sowie den Bollerwagen-Braunschweiger Axel mit seiner Frau Beate und den Bollerwagen-Kolberger Holger kennenzulernen. Letzterer führte in seinem Bollerwagen Verpflegung für eine ganze Kompanie mit und versorgte uns, wann immer wir wollten, mit Milchbrötchen, Marmorkuchen, Schnitzel und Bier. Wir konnten uns nur teilweise für seine Freigiebigkeit revanchieren.

Resümee.

Es war ein schönes, aber anstrengendes zehntägiges Reenactment mit sehr leckerem Essen und schöner Landschaft. Am interessantesten fand ich, in welchem Maße der Körper in der Lage ist, Schmerz auszublenden bzw. diesen zu ignorieren, wenn man einfach ohne Pause weitermarschiert oder in ein Gefecht verwickelt wird. Meine rechte Ferse sah teilweise gruselig aus ... Außerdem wurden Uniform und Ausrüstung im Laufe der Tage immer bequemer.

[Als etwas ungünstig erwiesen sich unsere langen Marschetappen: wir setzten uns dadurch selbst unter Zeitdruck und konnten Landschaft und Natur nicht so genießen, wie sie es verdient hätten. Außerdem blieb dann abends meist gar keine Zeit (na gut: Lust) mehr, die Ausrüstung gründlich zu reparieren. Die Märsche damals dienten zwar auch nur der Fortbewegung von einem Ort zum anderen, und waren eben keine Wanderungen zum Kennenlernen neuer Gegenden, doch ist es natürlich schöner, beides zu verbinden.

Es zeigte sich auch wieder, wie wichtig eine gute Fußbekleidung ist, die Blasen verhindert. Ich selbst habe auf allen meinen Märschen nie Probleme gehabt, was ich auf meine leinenen Fußlappen zurückführe, die sich flexibler zwischen Fuß und Schuh einpassen als überall gleichdicke Socken oder Strümpfe.

Das Niederdrückendste in den ersten Marschtagen war der schwere Tornister. Doch nach drei oder vier Tagen gewöhnt sich die Schultermuskulatur daran. Am Schluß konnte ich mit dem Tornister laufen und springen, als hätte ich gar keinen auf. Leider hält dieser Effekt nur wenige Tage an, wenn man den Tornister im modernen Leben nicht ständig weiterträgt.]

Pas Perdu und [die Anmerkungen in eckigen Klammern] Sans-Souci


(Weitere Photos finden sich hier.)



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