Lageridylle

Wurschen.



Caporal Sans-Souci bat mich nach meinem ersten Erlebnis mit der 22.D.B. einen Bericht zu verfassen, der die Ereignisse zumindest aus meiner Sicht wiedergibt. Dies will ich hiermit gerne versuchen. Wenn ich Namen oder Ereignisse irgendwie verdreht haben sollte , bitte ich um Nachsicht.

Also, nachdem ich kurzerhand zum Grenadier Chauffeur umfunktioniert wurde, weil der Capo anscheinend über einen Zauberrock verfügte, der im entscheidenden Moment seinen Führerschein verbarg, erreichten wir nach längerer Fahrt unser Ziel : Wurschen (31. Mai bis 2. Juni) Die Zeit bis dorthin wurde absolut nicht langweilig, weil Oli mir seinen unermesslichen Wissensschatz über alles mögliche zuteil werden ließ. Natürlich war ich etwas aufgeregt, weil es ja endlich mein erster Einsatz für die 22er werden sollte. Wie wird es sein, wie sind die anderen Grenadiers, wie wirst Du aufgenommen usw. ...... ? Aber nach dem ersten Kontakt zerstoben sich meine kleine Bedenken. Und schwupp-di-wupp hatte ich auch schon so was ähnliches wie eine Uniform an. In dem alten braunen Mantel sah ich aus wie eine alte Eiche. Ich hätte mich nicht zu beschweren brauchen, wenn die Eulen in mir genistet hätten. Na ja, für den Anfang ......

Nachdem wir unser Lager in der bereitgestellten Scheune aufgeschlagen hatten, sammelten wir uns innerlich und äußerlich und machten eine Waffeninspektion. D.h. der Capo machte sie. Ich war fein raus, denn ich hatte keine Muskete zum inspizieren. Nach ein bißchen exerzieren schien der Capo soweit erst mal zufrieden, und wir genehmigten uns erst einmal den einen oder anderen Schluck. Für den Freitag war's erst mal genug, und so nach und nach ging's zur Nachtruhe. Die hätte ich gerne gehabt, doch war die Scheuer vom Veranstalter zur Hälfte in so eine Art Bierzelt umfunktioniert worden. Die Geräuschkulisse war entsprechend.

es sieht noch katastrophal ausIrgendwie ging trotzdem die Nacht rum und am Samstag war dann volles Programm. Nach ausgiebigem Frühstück ging's ans Exerzieren. Wir übten diverse Formationswechsel usw. Im Einzelunterricht bekam ich die Handhabung der Waffe gezeigt und das vorschriftsmäßige Laden. Hierbei fungierten du Jard und Champagne als meine Instruktoren. Der Tag ging weiter mit einer Parade vor Publikum und irgendeinem Graf Sowieso. Nach der Parade und dem Mittagessen (hierbei lernte ich die Eßgewohnheiten der 22er kennen) folgte der Höhepunkt des Tages, die Schlacht um Wurschen. Während wir mit fröhlichem Gesang aufs Feld marschierten, mussten sich die Preußen mit lautstarkem Getrommel in Szene setzen. Singen ist schöner ! Wir nahmen Aufstellung und hatten mit sächsischer Infanterie und Artillerie zur Rechten und polnischem "Kontingent " zur Linken eine günstige Ausgangsposition. Auf der anderen Seite standen halt Preußen. Die Schlacht nahm ihren Anfang und tobte vor sich hin.

Ich hätte gerne daran teil genommen, doch leider hatte die Muskete, die ich zwischenzeitlich zur Verfügung gestellt bekam, einen Defekt. Das Ding hat einfach nicht geschossen. Es half nichts, das Schloss musste ausgebaut werden. Caporal Sans-Souci übernahm diese verantwortungsvolle Aufgabe und erkannte den Defekt sofort. Während er mir mit all seinem Fachwissen erklärte, wie ein Steinschloss funktioniert und meine Muskete eben aus diesem und jenem Grunde nicht so wollte wie ich, warfen die 22er um uns herum die angreifenden Lützowschen Jäger nieder. Hab' ich eigentlich von der Schlacht noch was mitgekriegt ? Das nächste, woran ich mich erinnern kann, nachdem wir das Gewehr wieder zusammen gebaut hatten, war ein Sturmangriff auf die Kurmärkische Landwehr. Ich glaube das war's, wir hatten gesiegt. Ein Preußischer Parlamentär mit "Fahne" bot uns dann noch was selbstgebrautes zu trinken an, und dann war die Vorführung zu Ende. Die durchaus zahlreichen Zuschauer hatten was geboten bekommen, und mit singendem Spiel ging's wieder zurück ins Lager.

Das schönste Kommando: Rompez - vos rangs ! Abermals exerzierten wir noch ein bisschen und nutzten die verbliebene Zeit für sinnvolle Dinge wie Waffen reinigen oder das Weissen des Lederzeugs. Es gab tatsächlich Zuschauer, die das interessierte. Den Samstagabend verbrachten wir hauptsächlich an einem okkupierten Lagerfeuer und liessen den Wein fliessen. Ausserdem verbesserten wir unsere Sangeskünste. Etwas später tauchte der offensichtliche Besitzer des Lagerfeuers auf. Der schwer angeduldete Landwehrmann machte aber keine ernsthaften Anstalten, uns von dort zu vertreiben. Vielmehr kam er auf die Idee, von uns ein romantische Foto zu schiessen. So liess er sich ausgerechnet zu meinen Füssen nieder, um aus einer liegenden Position heraus sein Foto zu machen. Da er dabei aber mehr AUF meinen Füssen lag, zog ich es vor, mich diskret zurückzuziehen. Ich setzte mich dann lieber an einen freien Platz neben Ours Vélu und lauschte einem von ihm vorgetragenen Gedicht. Aus der Richtung des Landwehrmannes vernahm ich dann ein deutliches Schnarchen. Er war vollends zum erliegen gekommen! Er lag da wie eine 150 Euro Gästecouch von IKEA und wurde von Grenadier Os auch als solche benutzt. Was man mit Preussen so alles machen kann. Der Rest ist schnell erzählt: Fressen, Saufen und viel gelacht. Und natürlich EXERZIEREN ! Wurschen war für mich eine tolle Sache, und ich bedanke mich herzlich bei allen Grenadiers für ihre Hilfe und Unterstützung. ELBA nous arrivons !

Intrépide...