Das Weißen des Lederzeugs in der französischen Armee.



Da freut man sich richtig darauf, Patronentasche und Säbel umhängen zu dürfen ! Für die Anfertigung des weißen Lederzeugs wurde in der Regel sämisches Leder, französisch buffle, verwendet; das letztere Wort ist etymologisch mit einem der Hauptlieferanten des Leders, dem Büffel, verwandt.

Die Besonderheit der Sämischgerberei ist, daß das Leder, nachdem es aufgeweicht, gereinigt und von Haaren, Fleisch- und Fettresten befreit worden ist, nicht mit einer meist aus Eichenrinde hergestellten Lohe (wie bei der Lohgerberei) oder mit einer Alaun- und Kochsalzlösung (wie bei der Weißgerberei) gegerbt wird, sondern mehrmals mit Tran oder Fett gewalkt wird, was bewirkt, daß das Leder sehr weich wird. Der Gerbprozeß vollzieht sich hierbei durch die bei der Selbstoxydation des Trans entstehenden Stoffe.

Die Vielfalt von Rezepten zeigt, daß nicht nur eine einzige Methode im Gebrauch war. Je nach den Umständen, welche Materialien gerade zur Verfügung standen und was dem persönlichen Geschmack der Regiments-, Bataillons- oder Kompaniechefs entsprach, wird man sich so oder so beholfen haben.

Vorbereitung neuen Leders.

Neu geliefertes Lederzeug mußte aufgrund des eben angeführten Herstellungsverfahrens vor dem ersten Anstrich zunächst noch teilweise entfettet werden, Bardin schreibt dazu:

Es gibt Sämischleder, das, wenn es neu ist, abweisend ist, das heißt, es ist stellenweise fettig und nimmt das Weiß nicht an: Diesen Mangel, der nicht gegen die Qualität des Leders spricht, da er anzeigt, daß es nicht mit Kalk geätzt wurde, behebt man leicht. Um diese Flecken zum Verschwinden zu bringen, schabt man die abweisende Stelle ab; man trägt dort eine Lösung von Pfeifenton und Spanischweiß ohne Leim auf, und man wiederholt das so oft, wie es nötig ist, um einen gleichmäßigen weißen Farbton zu erhalten. (Manuel, S. 6)

Vorbereitung bereits geweißten Leders.

Bereits früher geweißtes Lederzeug erforderte vor dem Anstrich eine Reinigung von Schmutz, zusätzlich mußten oder sollten auch noch Reste des alten Anstriches entfernt werden. Bardin zitiert hierzu eine französische Ordonnanz von 1775:

Wenn das Lederzeug es nötig hat, geweißt zu werden, wäscht man es mit klarem Wasser, in welches man eine Bürste eintaucht, mit der man mehrere Male über das Leder streicht, bis es vollständig gereinigt ist. Man läßt es von selber trocknen, ohne es auseinanderzuziehen oder festzubinden und ohne die Zuhilfenahme von Sonne oder Feuer. (Manuel 1814, S. 5)

So geht's ! Das Auftragen der Flüssigkeit.

Die französische Ordonnanz von 1775 empfiehlt laut Bardin einen Pinsel (Manuel 1814, S. 5), ebenso wie die von D*** zitierte französische Ordonnanz für die Maréchaussée von 1778.(Bd. 1, S. 341). Doch auch Schwämme oder Leinenlappen dürften hierfür verwendet worden sein, je nachdem, was gerade zur Hand war.

Das Trocknen des Anstrichs.

Die Ordonnanz von 1775 verlangt nach Bardin, das geweißte Lederzeug im Schatten trocknen zu lassen (Manuel 1814, S. 5), während das westphälische Handbuch für Unteroffiziere und Corporäle (S. 6) besonderes Gewicht darauf legt, das Lederwerk nicht am Feuer trocknen zu lassen, nachdem es geweißet ist , gleichlautend das Manuel des Sous-officiers von 1811. (Bd. 1, S. 140)

Bardin faßt das 1808 folgendermaßen zusammen, wohl irrtümlich werden diese Ratschläge in der 1813er Ausgabe nur für das mit Milch geweißte Leder gegeben: (Manuel 1808, S. 5)

Man muß darauf achtgeben, das Leder nicht auseinander zu ziehen, solange es feucht ist, es sei denn, um einer unerwünschten Falte gegenzusteuern, und es so aufzuhängen, daß es frei hängt, und es weder im Wind, noch am Feuer, noch in der Sonne trocknen.

Mischungen mit und ohne Leim.

Um zu vermeiden, daß der Anstrich staubte und sich zu schnell abnutzte, wurde die zum Weißen verwendete Substanz oft mit irgendeiner Art Leim versetzt, der die Festigkeit und Haftfähigkeit erhöhte.

Bei der Verwendung von Leim ist das richtige Mischungsverhältnisses zwischen den eigentlichen Weißpigmenten und dem Leim wichtig, damit der Anstrich weder bricht (weil der Leimanteil zu hoch ist) noch staubt (weil der Leimanteil zu niedrig ist). Das westphälische Handbuch für Unteroffiziere und Corporäle weist besonders darauf hin, nicht zu viel Leim darunter zu nehmen (S. 6), gleichlautend das Manuel des Sous-officiers. (Bd. 1, S. 140)

Die einzelnen Rezepte.

In den nachstehenden Absätzen folgen nun, nach den Hauptingredienzen geordnet, die verschiedenen Rezepturen, um einen das Auge des Betrachters erfreuenden weißen Anstrich herzustellen; dabei habe ich, ergänzt durch eigene Reenactment-Erfahrungen, auch die Bemerkungen der Autoren wiedergegeben, die von den mannigfaltigen Schwierigkeiten zeugen, ein auch bei Regen nicht abfärbendes Weiß herzustellen, welches zudem noch das Leder schont und nicht zu hohe Kosten verursacht.

Weißen mit Bleiweiß.

Die französische Ordonnanz von 1775 zitiert von Bardin (Manuel 1814, S. 5) schreibt:

Man hat dann Bleiweiß, das mindestens 24 Stunden lang in sehr sauberem Wasser angerührt worden ist, um ihm die ganze Bitterkeit und Beize zu entziehen. Man tränkt einen Pinsel mit diesem Wasser und trägt damit auf der gesamten Oberfläche des Lederzeuges so viele gleichmäßige Schichten auf, wie nötig sind. Man wird darauf achtgeben, daß jede Schicht, eine nach der anderen, im Schatten trocknen gelassen wird, daß die oberste Schicht leicht mit einer Bürste gestrichen wird, um zu vermeiden, daß das Weiß auf den Rock fällt, und man trägt Sorge, das Weiß und das Wasser so zu proportionieren, daß die Farbe nicht zu flüssig und nicht zu dick ist.

Ein Selbstversuch des Autors mit dieser Art des Weißens ergab, daß es insbesondere für gesellige Soldaten sehr wichtig ist, das Lederzeug nach dem Weißen gut abzubürsten, will man vermeiden, daß Rock, Hände, Muskete und Kameraden von einer weißlichen Staubwolke eingehüllt werden und eine, für das Auge allerdings angenehme, pastellartige Färbung annehmen; Bleiweiß ist in dieser Beziehung sehr ergiebig.

Weißen mit Spanischweiß oder Kreide.

D***s Dictionnaire de l'Industrie aus dem Jahr IX der Republik (1800/01) enthält folgenden Bericht:

Es war bei den Truppen üblich, die Patronentasche [sic] und das gesamte Lederzeug der Sauberkeit wegen mit Kreide oder Spanischweiß, mit Gummi Arabicum verklebt, zu weißen. Doch dieser Anstrich hält nicht lange und verbreitet sich auf dem Rock, welchen er verschmutzt. (Bd. 1, S. 340)

Der Gebrauch der Vergangenheitsform scheint anzudeuten, daß in Frankreich beide Methoden nicht mehr angewandt wurden, doch stellt sich die Frage, inwieweit der Autor über die gesamte französische Armee informiert war, auch wenn man ihm die geweißten Patronentaschen als Schreibfehler zugute hält.

Das einzige andere Rezept (siehe den nächsten Abschnitt), das ich finden konnte und welches Spanischweiß auch noch erwähnt, findet sich in Bardins Dictionnaire (Bd. 1, S. 767); hier wird es jedoch nur noch zur Verfeinerung des Hauptbestandteils der Mischung, des Pfeifentons, verwendet.

Weißen mit Pfeifenton.

Künstler am Werk Die zahlreichsten Rezepte finden sich für Pfeifenton, mit und ohne Leim, zuweilen unter Hinzugabe von Indigo; dennoch war Pfeifenton als Mittel zum Weißen des Lederzeugs nicht unumstritten:

Die französische Ordonnanz vom 25. April 1767 verbot den Gebrauch des Pfeifentons; man hat sich seiner indessen stets bedient , schreibt Bardin (Dictionnaire, S. 767). Eine Erklärung für dieses Verbot könnte folgender Hinweis bei Pankouke geben:

Der Riemen der Patronentasche ist mit Pfeifenton bedeckt. Diese Erde verätzt [brule] das Sämischleder, macht die Erneuerung der Riemen sehr häufig notwendig.

Bardin schlägt in seinem Dictionnaire (S. 767) als Abhilfe vor:

Pfeifenton [...] . Art von Weiß für das Lederzeug, das man zubereitet, indem man diesen Ton in mit Kleie gekochtes und gefiltertes Wasser [das jetzt die aus der Kleie gelösten Leimteilchen enthält] einrührt; man läßt den Ton sich absetzen; man gießt dieses erste Wasser weg, weil es mit ätzenden Stoffen versetzt ist, und ersetzt es durch anderes Wasser, das ausreichend mit Seife gesättigt ist [welche etwa noch verbliebene ätzende Stoffe neutralisiert] ; man rührt diese Mischung gut um und trägt sie im kalten Zustand auf.

In seinem Manuel (S. 4 f.) gibt Bardin dieses Rezept noch ohne Seife:

Hier, wie das Weiß zubereitet wird. Man läßt mehrere Handvoll Kleie in Wasser kochen, welches man sich daraufhin setzen läßt und abgießt; man löst Pfeifenton in diesem Wasser auf, und man proportioniert diese Mischung nach dem üblichen Verhältnis; man trägt dieses Weiß in kaltem Zustand auf: diese Art ist die am wenigsten kostspielige und die überall am leichtesten durchführbare.

Schon die Ordonnanz für die Maréchaussée vom 28. April 1778 rät nach D*** (Bd. 1, S. 341): laßt Pfeifenton in einem ersten Wasser auflösen, welches man weggießt: ihr nehmt das zweite Wasser, um davon mit einem Pinsel zwei oder drei Lagen auf den Gürtel [ceinturon] aufzutragen, den man im Schatten trocknen lassen muß.

Die Verwendung von Seife wird ebenfalls bereits früher, in den Instruktionen für die Gendarmerie aus dem Jahr VIII der Republik (1799/1800), erwähnt: Das Lederzeug wird nicht mit Leim [à la colle] geweißt, sondern mit Pfeifenton, der mit Seife [savon] aufgelöst wurde. (S. 306)

Noch 1825 wird jedoch dieser angebliche ätzende Effekt des Leims von Lelouterel völlig ignoriert, der eine einfache Mischung von Pfeifenton mit aus Kleie gewonnenem Leim empfiehlt (S. 34):

Um das Weiß zuzubereiten, läßt man Kleie in Wasser kochen und seiht anschließend das Wasser aus, das fast weiß sein muß; man löst darin Pfeifenton in einer ausreichenden Menge auf, so daß das Weiß weder zu dick noch zu flüssig ist: Man kann eine sehr kleine Menge Indigo hinzugeben, um es zu einem ein wenig helleren Weiß zu machen.

Bardin ist von dem Hinzugeben von Indigo nicht sehr begeistert (Manuel, S. 4 f.):

Es gibt Soldaten, die das Weiß zubereiten, indem sie es in Wasser über dem Feuer auflösen, im nachstehenden Verhältnis. Für zehn Liter Wasser [...] fünfzehn bis zwanzig Hektogramm [... 1500 - 2000 g] Pfeifenton, achtzig Dutzend [sic] Gramm [... 960 g] Flandernleim; zwölf Dekagramm [... 120 g] Stärke; neunzehn Dezigramm [... 1,9 g] Indigo. Dieses Produkt, welches für das Lederzeug einer ganzen Kompanie ausreichen kann, ist dauerhafter, aber es hat den Nachteil, sich abzuschuppen; und falls sich das Lederzeug mit Regen durchtränkt, werden die Kleidungsstücke durch die Wirkung des eingerührten Blaus verschmutzt.

Trotzdem übernimmt er in seinem Dictionnaire (Bd. 1, S. 767) folgende Rezeptur:

Leimweiß [blanc de colle]. Art von Weiß für das Sämischleder, die aus Pfeifenton und [auf derselben Seite an anderer Stelle gibt er als Mengenangabe: sei es auch noch so wenig ] Spanischweiß besteht. Man bereitet es zu, indem man es über dem Feuer in Wasser auflöst und 60 Gramm Flandernleim pro Liter Wasser und Kilogramm Weiß hinzufügt; man gibt auch ein klein wenig Indigo hinein.

Weißen mit Milch.

Bardin gibt 1808 (Manuel, S. 5) die knappe Auskunft: Man weißt auch mit Milch.

Etwas detaillierter ist hingegen D***, der um 1800 dieses Verfahren beschreibt:

Man läßt Kreide in Milch kochen, bis zu einer geeigneten Konsistenz, um das Sämischleder anzustreichen. Dieses Verfahren ist von einigen Regimentern übernommen worden. (Bd. 1, S. 341)

Die Vorteile dieser Methode wären, daß sie einfacher, weniger kostspielig und nicht den Nachteilen [des Abfärbens auf den Rock] unterworfen sei wie eine Mischung aus Kreide oder Spanischweiß mit Gummi Arabicum.

Bardin wird jedoch nicht müde, darauf hinzuweisen, daß diese Praxis fettige Flecken auf dem Leder hinterließe, (Manuel, S. 5) oder, auch wenn das Ergebnis davon Glanz hätte, sie kostspielig und nachteilig für das Lederzeug sei (Dictionnaire, S. 767)

Schutzüberzüge zur besseren Haltbarkeit.

Das französische Polizei-Reglement vom 24. Juni 1792 (Titre 5, No. 17) handelt dieses Thema sehr kurz ab, diese Stelle ist indessen deshalb interessant, weil in der Regel bestimmte Methoden nur verboten werden, wenn sie bereits im Gebrauch sind: (Handbuch, S. 6)

Alle Rüstungsstücke in Weißleder müssen geweißet werden; es ist verboten Firniß zu brauchen um sie glänzend zu machen.

Weißen von zivilen Lederstücken.

D*** macht hierzu folgende interessante Angaben (Bd. 5, S. 77):

Um weißen Ledern einen Glanz geben zu können, trägt man mit einer Bürste Stärke [amidon] auf; und um zu verhindern, daß dieses Pulver die Röcke weißt, verwendet man, nachdem man die Stärke abgeklopft hat, eine gummiartige Substanz, die aus Adragantgummi [gomme adragante], Bleiweiß [céruse] , Eiweiß, Milch und manchmal ein wenig Branntwein [eau de vie] oder angenehmen Parfums [odeurs agréables] gebildet wird; man taucht einen Schwamm in diese Mischung, und man streicht mit diesem Schwamm über die Handschuhe oder andere Stücke von Leder; und wenn diese Substanz fast trocken ist, läßt man die Schuppen abfallen, die diese Substanzen hinterlassen haben können.



Quellen.

Bardin, Dictionnaire de l'Armée de Terre ou Recherches Historiques sur l'Art et les Usages Militaires des Anciens et des Modernes. Paris, 6 Bde., 1841.
[Bardin]. Manuel d'Infanterie ou Résumée de tous les Règlemens, Décrets, Usages, Renseignemens, propres à cette Arme. 2. Auflage, Paris, 1808, und 4. Auflage, Paris, 1813.
D***. Dictionnaire de l'Industrie , ou Collection raisonnée des Procédés utiles dans les Sciences et dans les Arts. 6 Bde, Paris, An IX.
Diderot, [Denis] und [Jean le Rond] d'Alembert. Encyclopédie, ou Dictionnaire raisonné des Sciences, des Arts et des Métiers. 17 Bände, Paris, 1751-1765. Photomechanischer Nachdruck Friedrich Fromm Verlag, Stuttgart - Bad Cannstadt, 1967.
Handbuch für Unteroffiziere und Corporäle der Infanterie; oder Inbegriff aller Vorschriften und Gebräuche, deren Kenntniß ihnen unentbehrlich ist. Herausgegeben mit Gutheißung S. E. [= Seiner Exzellenz] des Kriegsministers, zum Gebrauche der Westphälischen Armee. Düsseldorf, 1810. [ist eine deutsche Übersetzung der ersten Auflage des Manuel d'Infanterie von Bardin]
Instructions Réglementaires Provisoires pour la 25e division de Gendarmerie Nationale, composée des départemens de la Roër, Rhin et Moselle, Mont-Tonnèrre et Saarre. o. O. o. J. [An VIII = 1799/1800].
Lelouterel, F. P. Manuel encyclopédique et alphabétique de L'Officier d'Infanterie , contenant généralement toutes les dispositions en vigueur sur le service, la police, la discipline, la législation et l'administration de l'arme d'infanterie; des notions élémentaires de géométrie et de fortification de campagne; un choix de feux et de manœvres non prescrits par l'ordonnance de 1791; une instruction pour les tirailleurs, etc. Paris, 1825 .
Manuel des Sous-officiers d'Infanterie. Extrait des Règlemens Militaires. Hambourg, 1811.
Pankouke. »Art militaire.« In Encyclopédie Methodique , 6 Bde., Paris 1785.



Bernard Coppens und Oliver Schmidt