Freitag.
Versammlungsraum der Kolonne Ost: Lauenau (Nähe Hannover)
Anwesende Citoyens: die Grenadiere Rôtisseur, Poisson und Copain sowie Caporal Champagne
Zeitpunkt: ca. 16.30 Uhr
Nach kurzer Begrüßung und Verpflegung ging der Vormarsch nun im geschlossen Verband weiter. Wir stießen auf keinen nennenswerten Wiederstand und erreichten gegen 22.00 Uhr Le Caillou im strömenden Regen.
Wir trafen auch gleich auf Chasseurs des 9e léger, die uns den Weg zu unserer Einheit zeigten. Dort angekommen wurden wir freudig empfangen und uns sogleich etwas zu trinken angeboten.
Somit waren wir zu neunt, genauer gesagt waren zugegen der Sergent Sans-Souci, Caporal Champagne und die Grenadiere Cravate, Mathieu, Élève, Doigt de Fer, Rôtisseur, Poisson und Copain. Da wir den Befehl bekamen, das Lagerfeuer des Stabes zu bewachen, richteten wir uns dort ein und fingen an, unserer Wiedersehen zu feiern.
Jedoch stellten sich uns folgende Probleme:
1. das Holz wurde knapp
2. wir hatten kein Stroh
3. die Gefahr von Regen war allgegenwärtig
Das Holzproblem lösten wir, indem wir nicht daran dachten und einfach weiter verfeuerten, in der Hoffnung, am nächsten Tag neues holen zu können. Stroh bekamen wir nirgendwo, so daß wir ohne schliefen. Die einen dicht aneinander gerückt, um die körperliche Wärme auszunutzen, die anderen am Feuer liegend. Doigt de Fer bekam den undankbaren Auftrag, im Musketenzelt schlafen zu müssen, um unsere Gewehre zu bewachen. Einzig Mathieu wurde abseits der anderen, irgendwo alleine im Gras schlafend, gefunden. Das Regenproblem löste sich von selbst, indem es eben nicht regnete.
Sonnabend.
Trotz des Mangels an Stroh berichteten fast alle, gut geschlafen zu haben. Also es geht auch ohne. Einzig die Technik ist wie immer entscheidend. Mathieu hatte uns Kaffee aus Getreide mitgebracht, so daß wir dieses Mal auf Tee verzichten konnten. Als wir fertig waren mit essen und trinken, wurde uns vom Stab richtiger Kaffee angeboten, den wir dann mit unserem vermischten und uns noch einmal von diesem edlen und dieses Mal richtigen Getränk labten.
Wir reinigten unsere Schuhe, exerzierten, holten Holz [es geht nichts über findige Grenadiere, die finden, wo andere nichts finden. Sans-Souci], rauchten und ließen es uns in der Nähe unseres Generals gut gehen.
Da unser Feuer wegen des nassen Holzes auszugehen drohte, wandte Doigt de Fer einen Trick an, der plötzlich dieses Feuerchen in ein Inferno verwandelte, worauf er den Beinamen Doigt de Feu erhielt. [Hääh??? Wieso Trick? Das war mein Feuerfinger! Doigt de Feu]
[Ein lustiger Hagelschauer zwischendurch zeigte uns wieder einmal die Überlegenheit der von der Republik gelieferten Kleidungsstücke über das Wüten der Natur: wir wurden einfach nicht naß, nur die Oberfläche der Uniform, Hüte und Tornister ziemlich feucht, doch die immer wieder neugierig zwischen den Wolken durchlugende Sonne trocknete alles schnell. Sans-Souci]
Am Nachmittag fand noch ein Übungsexerzieren aller Einheiten statt, bei dem alle Truppen wie wild schwenkten und sinnlos übers Feld rannten, berittene Engländer Preußen angriffen und im allgemeinen bei einer Masse von ca.30 Gruppen ein heilloses Durcheinander herrschte. Ein Soldatenrat, der den sofortigen Abmarsch ins Lager forderte, wurde mit dem nächsten Schwenkungsbefehl übergangen. Geschossen wurde natürlich nicht.
[Nachdem wir bei diesem sogenannten Manöver viel zu lange herumgestanden hatten, um auf Befehle zu warten, wie wir uns denn nun in das Gesamtgeschehen eingliedern sollten, ergriffen wir schließlich die Initiative und übten mit dem darin leider noch ganz ungeübten 18e régiment d'infanterie de ligne das Abbrechen in Sektionskolonne, den Marsch in Kolonne und das Wiedereinschwenken in die Schlachtordnung. Hier gilt es auch für uns noch viel Routine zu gewinnen, und ich hoffe, daß wir in La Coruña mit unseren Exerzier-Partnereinheiten, dem 19e régiment d'infanterie de ligne und dem 113e régiment d'infanterie de ligne ein neues Niveau erreichen werden.
Leider kam dann doch noch ein Befehl, uns mit anderen Truppen zusammen in eine Ecke des Exerziergrundes zu begeben. Das taten wir dummerweise - und warteten dort dann wieder sinnlos auf weitere Befehle, die nicht kamen. Nächstes Jahr werden wir schlauer sein und von vorneherein nur tun, was wir wollen, statt unseren Kooperationswillen zu vergeuden. Sans-Souci]
Eine Revue, die unser General nur mit uns im Lager abhielt, absolvierten wir bravourös, und der Zustand unserer Waffen wurde als gut bewertet, worauf wir zur Belohnung zum Aperitiv eingeladen wurden. [Einer Soupe de Champagne, liebevoll durch den Stabs-Chirurgus zubereitet. Sans-Souci]
[Hier das Rezept für die Soupe de Champagne:
2 Flaschen Champagner
1 Suppenkelle Zucker
1 Suppenkelle Cointreaux
2 Suppenkellen frischen Orangensaft
1-2 Zitronen (in Scheiben)
Euer Knochenbrecher]
Der Abend gestaltete sich wieder feierlich und wurde durch norwegische Mädchen, die sich spontan unseren Tanzeinlagen anschlossen, versüßt.
Sonntag.
[Morgens früh beim Morgenappell wurden unsere Reihen unerwarteterweise durch den eigentlich zu anderen Aufgaben abkommandierten Grenadier Deluxe verstärkt, der aber leider gleich darauf pflichtbewußt doch wieder zu seinen eigentlichen Aufgaben zurückkehrte. Über den Verlust trösteten uns die ständigen guten Gaben aus hier geheimzuhaltener Quelle nur schwach hinweg, aber ich erwähne nur Kuchen, und die Pistazien, und den Putenbraten, die getrockneten Früchte ... Sans-Souci]
Vormittags fand das gleiche Gefecht statt wie jedes Jahr. Auch der Ablauf war dasselbe. Die meisten Grenadiere hatten sich gegen die Teilname ausgesprochen. Am Ende marschierten wir doch hin, verstärkt durch zwei Gendarmen des Stabes. Wir verpaßten den ersten Teil, worüber wir aber nicht traurig waren.
[Ursprünglich hatten wir vorgeschlagen, als Teil der Truppen unter Befehl des Marschalls Grouchy - das 22e régiment d'infanterie de ligne gehörte 1815 zur Brigade Dupeyroux in der 10. Infanterie-Divison unter Baron Habert im 3. Armee-Korps unter General Vandamme - den Preußen, die uns in Plancenoit überraschend in die Flanke fallen sollten, unsererseits überraschend in die Flanke zu fallen. Leider wurde dieser Vorschlag vom belgischen stellvertretenden Oberkommando der Franzosen (der Kaiser fühlte sich anscheinend unwohl) zurückgewiesen, so daß wir uns mit der historischen Rolle der Truppen unter Grouchy beschieden: wir kamen nicht - oder vielmehr: zu spät, um das Blatt noch zu wenden. Sans-Souci]
In dem Gefecht schossen wir, was unsere Frauen her gaben. Patronen hatten wir ja mehr als genug. Unser Stab, dem nur unsere Einheit unterstellt war, beobachtete das Geschehen von einer Bergkuppe, nicht weit von unserer Position. [Dort mußte er Zeuge werden, wie unsere Einheit, isoliert, von der dreifachen Übermacht angreifender Preußen zur eiligen Flucht genötigt wurde. Fünf Sekunden später saßen uns die immer aufmerksamen und ihre Chancen hervorragend nutzenden britischen Husaren im Nacken. Doch ein rasch gebildetes Knäuel rettete die Situation, da die feindliche Infanterie nicht mit nachgerückt war. Sans-Souci]
[Nach einem kurzen Rückzug auf ein weiteres offenes und welliges Gelände nahmen wir eine neue Stellung ein und stießen auf unser schon seit längerer Zeit von uns getrennt gewesenes 4pfündiges Regimentsgeschütz und seine Bedienung. Voller Wiedersehensfreude und Enthusiasmus versprachen wir ihnen, für den Rest der Schlacht ihre Bedeckung zu sein. Die Cantinière Grognarde spendierte eine Runde leckeren Likör. Die Alliierten rückten näher, und wir erhielten vom französischen Oberkommandierenden den Befehl abzurücken. - "Und was ist mit dem 4pfünder?" - "Den überlassen wir dem Feind!" - Ich vermißte schmerzlich unseren vertrauten Divisions-Stab, der diesmal nur die passive Rolle des Zuschauers spielte. Sans-Souci]
Das weitere Gefecht war unspektakulär und ist kurz erzählt: Die Alliierten drängten uns zurück und alle französischen Einheiten bildeten ein großes Karree. Als dieses Karree losmarschierte, mußten wir eine Kanone umgehen, und als alles wieder anhielt, war plötzlich kein Platz mehr für uns. [Wir empfanden dies als einen Fingerzeig des Höchsten Wesens, daß dieses Karree nicht für uns bestimmt war, und tatsächlich sollte uns dies vor dem sicheren Tode oder zumindest der Gefangennahme retten! Sans-Souci]. Kurzum, wir verließen das Karree und marschierten zu unserem General, der mit seinem Stab die nächste Höhe erklommen hatte, und gesellten uns dazu, um das Treiben in der Senke mit zu beobachten. [Das Karree marschierte noch bis zum Rand der Wiese, blieb dann stehen, ließ sich noch eine Weile von den Alliierten beschießen, und irgendwann war Schluß. Sans-Souci]
Nach dem Gefecht trennten wir uns. Die eine Gruppe unter unserem Sergent machte noch ein Wettschießen, das Mathieu scheinbar heroisch gewann [Nicht nur scheinbar: er konnte sich im harten Wettbewerb gegen den Sergenten sowie die Grenadiere Cravate, Rôtisseur und Copain durchsetzen. Doch beim nächsten Treffen wird er den Titel des schnellsten Laders unserer Einheit wieder abgeben müssen: wir alle üben fleißig, und der Sergent am fleißigsten ! Sans-Souci], die andere unterm Caporal marschierte ins Lager ab, um Kaffee zu kochen, den wir wieder mal gesponsort bekamen, dieses Mal sogar mit Milch.
Wir reinigten dann noch alle unsere Frauen (und das nächste Mal auch die Säbel !!) und verpflegten uns.
Um 16.30 Uhr brachen wir dann wieder kolonnenweise auf in Richtung Heimat.
Alles in allem wieder eine sehr schöne und auch ruhige Veranstaltung, bei der wir wieder einen riesigen Erfolg feiern konnten, nämlich das ganze Wochenende nur authentisch mit Feuerstein und Schlagstahl Feuer gemacht zu haben !
Champagne, Caporal
22e demi-brigade d'infanterie de ligne
2e compagnie de grenadiers