Nicolas-Joseph Schreiber wurde am 24. Mai 1752 in Metz (Département de la Moselle) geboren und starb am 12. Februar 1833 in Fontainebleau (Département de Seine-et-Marne).
Georges Six' Dictionnaire biographique des généraux et amiraux français de la Révolution et de l'Empire (1792-1815), erschienen 1934 in zwei Bänden in Paris, macht die folgenden Angaben über ihn (Bd. 2, S. 436 f.):
Laufbahn: | |
1. Januar 1765 | soldat im régiment suisse de Salis-Samade |
1. Januar 1777 | caporal |
1. Februar 1781 | sergent |
10. September 1786 | sergent-major |
27. September 1792 | bei der Auflösung seines Regiment mit entlassen |
1. November 1792 | adjudant-major im 2e bataillon de volontaires du Puy-de-Dôme |
1792-1793 | bei der armée du Rhin |
10. September 1793 | capitaine |
1794-1795 | bei der armée de la Moselle |
19. Juli 1794 | chef de bataillon |
19. Juni 1795 | chef de brigade, geht durch die Verschmelzung über zur 202e demi-brigade de bataille |
1795-1797 | bei der armée de Rhin-et-Moselle |
18. Oktober 1795 | in einem Gefecht vor Mannheim durch einen Schuß am rechten Arm verwundet |
13. Juni 1797 | chef de brigade [ab dem 24. September 1803 wurde dieser Dienstgrad wieder als colonel bezeichnet] in der 22e demi-brigade de ligne |
1797 | bei der armée du Nord |
1797-1801 | bei der armée d'Allemagne, der armée d'Angleterre und der armée d'Italie |
21. April 1800 | zur division Watrin bei der armée de réserve |
26. Mai 1800 | Teilnahme am Gefecht an der Chiusella |
9. Juni 1800 | bei Casteggio am linken Knie verwundet |
1803-1805 | bei der armée des Côtes de l'Océan verwendet |
20. August 1805 | zum commandant d'armes in Parma ernannt |
10. September 1805 | général de brigade, weiterhin commandant in Parma |
9. Februar 1814 | durch eine Gruppe Österreicher in Parma gefangengenommen, doch noch am selben Tage durch französische Gendarmen befreit, nimmt er die Stadt wieder ein |
8. April 1814 | commandant des Départements des Deux-Sèvres |
28. Dezember 1814 | Erlaubnis zur Pensionierung, er begibt sich nach Orléans |
Auszeichnungen: | |
1. Februar 1792 | chevalier de Saint-Louis |
14. Juni 1804 | officier de la Légion d'honneur |
15. März 1813 | baron de l'Empire |
Im Jahre 1920 veröffentlichte der General Dennery in der Zeitschrift Le Pays lorrain et le pays messin. Journal de la Société d'Histoire de la Lorraine et du Musée Lorrain die folgende Kurzbiographie (Band 17, Heft 20, S. 441-444). Dummerweise weichen seine Angaben teilweise von denen bei Six ab, ohne daß in jedem Falle zu klären ist, was nun zutrifft:
Die wenigen Zeilen, die hier folgen, sind bestimmt, den Namen eines Metzer Generals dem Vergessen zu entreißen: den des Generals baron Schreiber, der wie viele andere Generale aus Metz eine glänzende, wenngleich minder bedeutende Position in der Sternenschar Lothringer Offiziere der Republik und des Kaiserreichs eingenommen hat.
Das militärische Leben des Generals Schreiber hat dabei die Besonderheit, daß er, 1765 in die Armee eingetreten, bei Ausbruch der Revolution bereits eine 27jährige Karriere als Soldat und Unteroffizier hinter sich gebracht hatte. Als er im Jahre 1809, nach seit 1792 überaus ruhmreichen Diensten, général de brigade wurde, war er bereits 56 Jahre alt, was für die Generale dieser Zeit schon das Greisenalter bedeutete. Seine Ermattung, Folge seiner Verwundungen, erlaubte ihm nicht, an den großen Taten von 1805 bis 1815 Teil zu haben. Doch die Tatsache, einer der ausgezeichneten Obersten von Alkmaer, Castricum und Marengo gewesen zu sein, genügte seinem Ruhm.
Der général de brigade baron Schreiber (Nicolas-Joseph) kam in Metz am 24. Mai 1752 zur Welt. Er war der Sohn von Jean-Georges Schreiber, premier sergent in der Kompanie de Regenbach im régiment suisse de Salis-Samade, das von Herrn de Boccard kommandiert wurde. Dieses Regiment stand in Metz seit dem Ende des Österreichischen Erbfolgekrieges [1748] in Garnison.
Am 1. Januar 1765 trat Schreiber, gerade dreizehn Jahre alt geworden, in das régiment suisse de Salis-Samade ein, in dem sein Vater bereits diente. Er blieb zehn Jahre als Soldat in diesem Regiment und diente dann nacheinander im régiment suisse de Diesbach und im régiment de hussards d'Esterhazy, um am 1. Januar 1777 als caporal wieder in das régiment suisse de Salis-Samade einzutreten. Am 1. Januar 1781 [im Text irrtülich: 1771] wurde er sergent, am 10. September 1786 sergent-major in der Kompanie d'Isselin. Ohne die Revolution wäre er nie über diesen mühsam nach 21 Jahren erlangten Dienstgrad hinausgekommen.
Nachdem am 27. September 1792, wenige Tage nach der Ausrufung der Republik und dem Sieg bei Valmy, das régiment suisse de Salis-Samade wie die anderen Schweizer Regimenter aufgrund eines Dekrets vom 20. August 1792 aufgelöst worden war, trat Schreiber am darauffolgenden 1. November als gewählter adjudant-major in das 2e bataillon de volontaires nationaux du Puy-de-Dôme, welches später mit zur Formation der 202e demi-brigade de bataille verwendet werden sollte.
Schreiber machte mit seinem Bataillon [im Text irrtülich: mit der 202e demi-brigade] die Feldzüge von 1792 und 1793 bei der armée du Rhin unter Custine und Beauharnais mit. Am 10. September 1793 zum capitaine befördert, kam er 1794 zur armée de la Moselle und kämpfte dort unter den Befehlen von Hoche und Jourdan. Seine Leistungen in den verschiedenen Gefechten, an denen er teilnahm, verschafften ihm am 13. Juli 1794 den Grad eines chef de bataillon, außerdem wurde er in einem Tagesbefehl der Armee erwähnt. Infolge dieser Ereignisse erhielt er am 2. Februar 1795 vom Nationalkonent eine Urkunde mit dem Médaillon des Deux Épées für Veteranen.
In den Jahren 1795, 1796 und 1797 diente Schreiber, der am 22. Juli 1795 zum chef de brigade befördert worden war, als Kommandeur bei der nacheinander von Pichegru und Moreau befehligten Armée du Rhin [richtig stattdessen: Armée de Rhin-et-Moselle]. Er war an der Einnahme von Mannheim im September 1795 beteiligt und wurde hier von zwei Musketenkugeln getroffen, eine davon im rechten Arm. Nachdem er 1797 zur Armée d'Allemagne unter Augereau und Colaud übergetreten war, wurde er besondes ausgewählt, um am 31. Mai dieses Jahres das Kommando der 22e demi-brigade de ligne zu übernehmen, anstelle des verabschiedeten colonel [richtiger: chef de brigade] Penchez. Es war an der Spitze dieses Truppenteils, daß er bei zahlreichen Gelegenheiten das ganze Maß seines Wertes und seiner Führungsqualitäten unter Beweise stellen konnte.
Die 22e demi-brigade de ligne gehörte im Jahre 1798 zur französisch-batavischen Armée du Nord, von Brune kommandiert, die in Holland gegen britisch-russiche Invasionstruppen focht: bei Alkmaer am 19. September, und bei Castricum am 6. Oktober. Die 22e demi-brigade de ligne mußte mehrmals hintereinander dem Ansturm der Russen und Briten widerstehen, und der colonel [richtiger: chef de brigade] Schreiber zeichnete sich bei diesen verschiedenen Gefechten erneut aus. Sobald dieser Feldzug beendet war, wurde die 22e demi-brigade de ligne, immer noch unter dem Oberbefehl von Brune, zur Armée des Cötes de l'Océan [richtig stattdessen: Armée de l'Ouest] entsandt, um eine von den Chouans unter Georges Cadoudal angestiftete royalistische Erhebung niederzuschlagen. Eine große Abteilung versuchte, die Verproviantierung von Vannes zu verhindern, und die 22e demi-brigade de ligne lieferte ihr ein heftiges Gefecht bei Grandchamps, 13 Kilometer nordwestlich von Vannes, wobei sie mit 90 Gefallenen und einer sehr großen Zahl Verwundeter starke Verluste erlitt.
Als die Armée de Réserve gebildet wurde, die sich bei Marengo auszeichnen sollte, wurde die 22e demi-brigade de ligne, von Bonaparte zu Recht als ein Elite-Regiment betrachtet, der Divison Watrin unter dem Oberbefehl von Lannes zugeteilt. Das Regiment wurde bei der Avantgarde der Armée de Réserve verwendet, und focht unter seinem unermüdlichen Chef in dem Gefecht bei Châtillon am 19. Mai 1800, bei der Einnahme von Ivrea (22. Mai) und bei der Einnahme der Brücke über die Chiusella bei Romano (26. Mai). Bei dieser Gelegenheit wurde es vom Ersten Konsul mit Lobpreisungen überhäuft. In den Gefechten bei Montebello und Casteggio am 9. Juni, fünf Tage vor der Schlacht bei Marengo, führte Schreiber sein Regiment auf brillante Art und Weise und erhielt, vor Casteggio, einen Musketenschuß ins Knie. Als die Schlacht am 14. Juni nach der Einnahme von Marengo durch die Österreicher beinahe verloren war, mußte Lannes den Rückzug auf Sale decken. Die 22e demi-brigade de ligne zeichnete sich hier wieder ruhmvoll aus und behauptete bei der Angriffsbewegung zurück gegen Marengo erneut ihren Ruf.
Nach diesem Einsatz der Armée de Réserve erhielt die 22e demi-brigade de ligne und ihr Chef das lebhafteste Lob des kommandierenden Generals, mit den folgenden Worten:
In dem Wunsch, dem von Ihnen befehligten Truppenteil [corps] ein leuchtendes Zeugnis von der Zufriedenheit der Regierung über sein ausgezeichnetes Betragen in der Schlacht bei Marengo abzulegen, hat der Erste Konsul beschlossen, daß der 22e demi-brigade 15 Ehren-Gewehre [fusils d'honneur] gewährt werden.
Diese Belohnung war umso ehrenhafter, weil für die ganze Armee insgesamt nur 135 Ehrengewehre ausgeteilt wurden.
[Der entsprechende Befehl aus der Korrespondenz von Napoleon lautet:
Paris, 18. Juli 1800. [Der Erste Konsul war bereits am 2. Juli wieder in Paris eingetroffen.]
Dem Bürger Carnot, Kriegsminister.Ich bitte Sie, Bürger Minister, der 6e und der 24e demi-brigade légère, sowie der 22e, 28e, 40e, 43e und 96e de ligne, bekanntzugeben, daß ihnen die Regierung für die gute Haltung, die sie bei Marengo bewahrt haben, jeweils fünfzehn Ehren-Gewehre [fusils d'honneur] gewährt, der 9e légère, der 44e und 59e de ligne: zehn, den Bataillonen der 101e und der 30e: fünf. Die Chefs der Truppenteile werden die Namen derjenigen Individuen einsenden, die sich am meisten ausgezeichnet haben.
Den verschiedenen Eskadronen der Kavallerie, die zur Schlacht bei Marengo beigetragen haben, werden zwanzig Ehren-Karabiner [carabines d'honneur] bewilligt. Die Generale der Kavallerie und die Chefs der Truppenteile werden sich versammeln, um diejenigen Individuen zu bestimmen, die sich am meisten ausgezeichnet haben.
Es wurden also 145 (und nicht 135) Ehren-Gewehre und insgesamt 165 Ehren-Waffen für die Schlacht bei Marengo verliehen.]
Nach dem Waffenstillstand, der den unsterblichen Feldzug von Marengo beschloß, wurde die Armée de Réserve mit der Armée d'Italie vereinigt, unter dem Oberbefehl von Brune. Die Division Watrin, zu der die 22e demi-brigade de ligne immer noch gehörte, wurde dem rechten Flügel der Armee zugeteilt, unter dem Befehl von Dupont, und zeichnete sich in der Schlacht bei Pozzolo [am 25. Dezember 1800] und den anderen kriegerischen Aktionen bis zum Frieden von Lunéville [am 9. Februar 1801] aus. Nach dem Friedensschluß blieb die 22e demi-brigade de ligne noch in Italien, bis das Lager bei Boulogne organisiert wurde und sie Teil der Truppen wurde, welche die Grande Armée bilden sollten. Inzwischen wurde der colonel [diese Bezeichnung war mit dem 24. September 1803 anstelle des seit der Revolution üblichen chef de brigade wieder eingeführt worden] Schreiber bei der Gründung der Légion d'honneur am 11. Dezember 1803 zum chevalier [die korrekte Bezeichnung der niedrigsten Klasse war bis 1808: légionnaire] gemacht, und am darauffolgenden 14. Juni, am Jahrestag der Schlacht bei Marengo, in der er sich besonders ausgezeichnet hatte, zum officier der Légion d'honneur ernannt. Er erhielt diese neue Auszeichnung am 15. August aus den Händen des Kaisers während der großen Zeremonie im Lager von Boulogne, bei der die zu verleihenden Ordenskreuze aus dem Helm du Guesclin's und aus dem Schild Bayard's ausgeteilt wurden.
Der colonel Schreiber hoffte, Teil der Grande Armée von 1805 sein zu können, doch seine in zahlreichen ununterbrochenen Feldzügen erschöpften Kräfte und die Leiden, die ihm seine Verwundungen verursachten, bewirkten, daß er vom Kaiser ein seßhafteres Kommando akzeptieren mußte, und er gab das Kommando über sein schönes Regiment ab, tief bekümmert, aber in dem Bewußtsein, seinem Nachfolger eine Elite-Einheit zu überlassen, deren nachfolgende Geschichte dank seinem Stempel, den er ihm aufgedrückt hatte, eine der glänzendsten werden sollte. Napoléon ernannt nun den colonel Schreiber zum commandant d'armes in Parma, mit dem Vorrecht, auf seinen Epauletten die Sterne der Generalsepauletten zu tragen, als ob er das Kommando eines Generals innehätte. Vier Jahre später wurde er zm Grad eines général de brigade erhoben, weiterhin mit dem Kommando der Festung Parma. Er behielt dieses Kommando bis 1814, und wurde am 10. Februar 1813 zum baron des Kaiserreichs gemacht.
Die Vorgänge des Jahres 1814 stellten den général de brigade Schreiber auf eine harte Probe.
Während Napoléon in Frankreich Schritt für Schritt gegen die Koalitionstruppen focht, versuchte der Prinz Eugène in Italien mit den schwachen Kräften, die ihm zur Verfügung standen, Widerstand zu leisten. Parma, wo immer noch der général de brigade Schreiber kommandierte, war am 9. Februar das Ziele eines Handstreichs einer Abteilung Österreicher Kavallerie, die in die Stadt eindrang. Der général de brigade Schreiber, in seiner Wohnung überrascht, wurde von den Reitern, die versuchten, ihn mit sich fortzuführen, völlig ausgeplündert, doch wurde er rasch von einem Detachement französischer Gendarmen befreit. Nach der Evakuierung von Parma kehrte er am 2. März nach Frankreich zurück und erhielt Urlaub.
Aufgrund seiner herrvorragenden Dienste berief ihn die Regierung der Restauration zum commandant des Départements des Deux-Sèvres, in Niort, und machte ihn zum chevalier de Saint-Louis und zum chevalier de l'Ordre du Lys. Doch er wurde trotzdem verdächtigt, und am 24. Dezember 1814 wurde ihm erlaubt, im Alter von 62 Jahren sein Recht auf Pensionierung geltend zu machen.
So verlief das Leben des général de brigade baron Schreiber, ganz voller Ehre, Mut und Patriotismus. Wie so viele andere Metzer Mitbürger seiner Generation hat er in großem Maße zum Ruhme der französischen Armee beigetragen.
Zu einem Zeitpunkt, da sein Geburtsland nach einem halben Jahrhundert der Trauer in das Mutterland zurückgekehrt ist [durch den Frieden von Frankfurt am 10. Mai 1871 waren das Elsaß und ein Teil Lothringens einschließlich Metz an das Deutsche Reich abgetreten worden, durch den Versailler Vertrag wurde es am 10. Januar 1920 wieder an Frankeich zurückgegeben], und da die Erinnerung an diejenigen, die es in Ehren gehalten haben, erneuert werden muß, ist es für einen Metzer General nicht ohne Belang, die Karriere eines bescheidenen Soldatenkindes des régiment suisse de Salis-Samade nachzuzeichnen, das zum Generalsrang aufstieg, nachdem es beinahe fünfzig Jahre lang auf zahlreichen Schlachtfeldern würdig seine Schuld dem Vaterlande gegenüber abgetragen hatte.
General J. Dennery, von der Reserve (aus Metz)
Die Personalakten des Generals Schreiber finden sich im Archiv des SHD (früher S.H.A.T.) im Château von Vincennes, unter der Signatur 8 Yd 1025. Ich habe sie leider noch nicht einsehen können.