Auerstedt.



Auch wenn meine Erinnerungen leicht verflossen sind, kann ich ja zu Papier, ehm PC bringen, woran ich mich noch erinnern kann.

An einem Freitagabend, es war schon nicht wenig spät, kam ich mit ein paar Leuten von der 9e in unserem Biwak an, fragte auch sogleich nach der glorreichen 22e Demi-Brigade, wurde aber zum 32e Régiment geschickt. Himmel, welch schlimme Verwechslung? Ich will ja nichts sagen, aber...

Jedenfalls hieß es dann, die 22e sei irgendwo in einer Taverne, die sich natürlich nicht ohne weiteres in stockdunkler Nacht finden ließ, und die Ratschläge von Kai aus der Kiste halfen auch nicht, sondern trugen vielmehr zu noch größerer Konfusion bei. Na gut, ich will nicht ausholen und von Suchen in der Finsternis der Nacht von epischer Länge schwallen. Das gehört in einen Thriller oder mindestens in einen Krimi.

Man fand sich und genoss den Abend. In Sachen Krimi: zwischen Os und Délicat kam es zu einer "Messerstecherei", so zum Zeitvertreib, muss man wissen. Der Inhalt der Weinflaschen gelangte in unsere Körper und bescherte uns den Schlaf, dessen erholsame Wirkung uns am nächsten Morgen früh aufstehen ließ. Ach ja, da fällt mir noch was ein: Irgendein Typ wurde von Délicat als derjenige an der Stimme wiedererkannt, der in einem anderen Biwak Unglaubliches, was hier nicht von mir wiederholt werden darf (doch die Schamesröte treibt es einem ins Gesicht, dass derartige Personen in der großartigen Armee der Republik dienen dürfen), über unseren Divisionsgeneral gesagt hatte.

Ich weiß nicht, ob die Leichte Infanterie auf uns neidisch ist und uns an unserem Ruhm hindern wollte. Wir warteten auf jeden Fall auf einen von ihnen und auch den Artilleristen Du Mont (gut, bloß ich kenne diesen Nom de guerre), was uns ein bisschen den Anschluss zu dem Rest der französischen Truppen verlieren ließ. Das erwies sich allerdings als nicht wirklich schlimm, denn wir marschierten durch eisigen Wind und über gefrorene Feldwege dem Kanonendonner nach. Auf einem Kamm sahen wir uns jemanden nachlaufen, ja wie einen Olympiaausdauerläufer rennen. Zuerst wurde gerufen: "Das ist Kai!" "Unmöglich." kam zurück. Dann: "Das ist Timo..." und so weiter, es stellte sich letzten Endes heraus, dass es ein Chasseur war, den kaum einer von uns kannte. 

Wir marschierten weiter, ohne auch nur in die Nähe des Feindes zu kommen, trotz der Töne des Kampfes in der Ferne. Also stellten wir ABSOLUT authentisch eine Sektion des Korps Bernadotte dar, das ebenso nicht an den Kämpfen von Auerstedt teilnahm, sondern lieber die Landschaft durchstreifte, und, statt dem Ruhm nachzujagen, wie viele Kleingeister es zu tun pflegen, erforschte man die Schönheiten der Natur und wurde von der Muse der Dichtkunst im Geiste geküsst. Darüber hinaus gelang es uns, einen thüringischen Bauer für die Sache Frankreichs zu gewinnen, der uns sogleich auch großmütig mit Essen und, vor allen Grenadieren mich, mit Schnaps labte. Das war ein köstliches Getränk, das und die Dankbarkeit, besonders bei der Kälte, zu beschreiben gewiss ganze Bände füllen könnte. Genug davon für jetzt und allezeit! Wir langten schließlich in Hassenhausen an, wo es vor allem köstlichen Kuchen gab.

Tapfer und unvernichtbar in unserer Moral, wer das nun glaubt oder nicht, verfolgten wir die geschlagenen Sachsen und Preußen. Hier holten wir uns die Lorbeeren, die uns auf dem Vormarsch entgangen waren. Wir umschwärmten den Feind, mal tiraillierten wir, mal griffen wir ihn todesmutig mit gefälltem Gewehr in einem Hohlweg an, wo wir von der Übermacht von allen Seiten mit Pelotonfeuer bestrichen wurden. Auch aus dieser Situation retteten wir uns durch eine rückwärtige Frontverlegung. Dann fielen wir dem Feind in die Flanke, hatten gleich einen doppelt überlegenen Gegner (oder mehr?) gegen uns und so ging es fort über einige Kilometer (meine Meilen).

Irgendwann beschloss auch unser unvergleichlicher Appointé, heute Caporal, unserer unverwüstlichen Linie eine Stellung anzuweisen, indem er sich auf den Boden legte, Gleich sammelte man sich treu um ihn. Die Position wurde aber für ungünstig befunden und wir marschierten eine Erhebung hinauf, gerieten dem Feind, vor dessen Blicken wir durch Gehölz verborgen waren, wiederum in die Flanke. Nun war unser Sieg perfekt. Den überraschten Gegner warfen wir nieder. Die Kapitulation ward verabredet und wir marschierten noch voller Elan (KEINE Widerworte, ihr Zeugen!) zum Biwak zurück.

Zuvor legten wir noch eine verdiente Rast in einem Wirtshaus ein. Der Abend wurde verbracht, wie es sich für einen Grenadier geziemt.

Am nächsten Tag fochten wir, leider nur noch zu viert, wenn ich mich nicht irre, ein Gefecht bis zum Siege durch, was wiederum bewies, wie schändlich es war, die 32e mit der 22e zu verwechseln (Schwenken sag ich bloß).

Es war ein schönes Biwak trotz allem, meine, daß wir leider nur ein kleines Häufchen waren. Deswegen soll erst recht denjenigen gedankt sein, die mit uns kämpften, um die Zahl der Siege der französischen Armee zu vermehren. Es waren die grenadiers: Renard, ein Grenadier der 3e escouade, dessen nom de guerre ich leider vergessen habe, François Rôtisseur, Jacques Délicat, Cédric Os, Ours Vélu, Jean-André du Jard und der Appointé Étienne Champagne, sowie der Caporal: Sans-Souci.

Dujard