Eggmühl 2009

Ein Bericht des Grenadiers Benoît:

Nach der dank eines 20km-Superstaus dreistündigen "Fahrt" von Tübingen nach Karlsruhe fuhren Rouven, Patrick und ich zu Toni nach Sinsheim, wo wir das ganze Gerödel umluden und uns auf die Weiterfahrt nach Eggmühl machten. Um Mitternacht angekommen, statteten wir erst einmal Michael Jäger einen Besuch ab und fuhren uns dann bei einer erst seit drei Monaten bestehenden bayerischen Infanterieeinheit fest, bevor wir, noch in Zivilklamotten, es uns mit Decken neben den Strohballen bequem machten. Nach dem ersten Regenschauer entschieden Rouven und ich uns bei Beginn des zweiten, da die andern beiden ins Auto bzw. unter das Stabsvorzeltdach geflüchtet waren, dies ebenfalls zu tun. Unter dem Vorzelt lag, ausgestreckt auf drei Stühlen, darauf bedacht, seine Offiziersuniform nicht dreckig zu machen, lag Oliver. Nach dem Aufstehen ging es erst einmal daran, sich einzukleiden, und ich musste die passenden Kleidungsstücke finden. Wer hätte gedacht, dass es Leute gibt, die noch dünner als ich sind. Darauf folgte der erste Besuch im nun wohl berühmt-berüchtigten Gasthaus Napoleon. Im Laufe des Tages, während dessen sich Regenschauer und Sonnenschein aprilmäßig abwechselten, richteten wir unseren Lagerplatz, die „Suhle,“ ein. Eine Ruine von Holzhütte, die uns als Grundlage für ein Schrägdach dienen sollte, stellte sich als zu nicht mehr als Brennholz verwendbar hinaus. Nachmittags erreichte uns auch Alex, und wir konnten dann für Neulinge, Neuere und Wiedergekehrte eine Exerzierstunde bei Oliver belegen. Die Bundeswehrreservisten machten immer Augen, als wir das (wenig authentische) Essen abholten und immer vor Ort bereits aus den Plastikverpackungen pellten … Abends versammelten sich an unserem Lagerfeuer Menschen aus allerlei Ländern und allen möglichen Einheiten - wie auch immer sie darauf kamen, zu uns kommen.

Am Freitagmorgen ging es dann zur Generalprobe(?) für das nachmittägliche Gefecht. Es hatten sich bereits ein paar Zuschauer eingefunden, die uns bei Marschübungen und der Probe des Öffnen eines Karrees für die bayerische Kavallerie beobachteten. Das Chili aus der BW-Gulaschkanone aßen Alex, Rouven, Nicki, Antonio und ich gierig auf. Es war auch die Zeit, in der die Zuschauer – mir aus dem American Civil War-Reenactment völlig unbekannt – in Strömen auch den Zeltplatz bevölkerten. Teils, als wir in der Suhle vor uns hindösten, kam es mir so vor, als wären wir vollgefressene Löwen, die sich in der Mittagshitze ausruhen und von Fotosafaritouristen fotografiert werden … Das Gefecht am Freitagnachmittag war – bescheiden. Es schien ein wenig unkoordiniert. Auch hier überraschte mich der Anblick der tausenden von Zuschauern, die oberhalb des „Schlachtfeldes“ wie im Fußballstadion dicht gedrängt saßen (oder standen? Sie waren so weit weg, dass man dies nicht ausmachen konnte). Am Abend trafen Sergeant, Caporal und Isa aus Leipzig ein. Es war auch die Nacht, wo sich die meisten 22er in der Suhle befanden.

Samstags ging es morgens wieder zur Probe(?) aufs Schlachtfeld. Für das bayerische Fernsehen wurde dreimal ein Bajonettangriff inszeniert … der in dem kurzen Beitrag am Sonntagabend 10 Sekunden zu sehen war. Die Temperaturen stiegen und das Aufkommen von klatschenden, gaffenden, und teils auch interessierten Zuschauern stieg. Vor dem Nachmittagsgefecht versuchte jeder, sich so gut wie möglich abzukühlen. Das folgende Gefecht macht das vom Vortag wett – das Pelotonfeuer der gesamten(?) französischen Infanterie und der darauffolgende „fog of war“ war (leider) mein (einziger) Zeitsprung an diesem Wochenende. Der Abend klang dann zusammen mit den Stabwachen der 22er und der 22er Artillerie im Napoleon aus. Am Sonntag ging es um halb zehn zurück in den Südwesten. Nach Irrungen und Wirrungen, abgesperrten Straßen und Staus vor Karlsruhe sowie einer leckeren und stärkenden selbstgemachten Pizza bei Grenadier Mathieu erreichte ich um 19h30 wieder die Universitätsstadt am Neckar.

Allgemein finde ich, dass die Führung ein wenig strenger sein könnte, wenn es um die Durchsetzung von z.B. dienstlichen Terminen geht. Vielleicht wären dann auch einige derjenigen, die außer zum Gefecht gar nicht da waren, mal da gewesen. Aber dies ist Spekulation. Man hätte auch allgemein den Tag ein wenig besser strukturieren können sowie Aufgaben verteilen (manchmal wußte ich vor lauter Aufgaben nicht, welche ich zuerst machen sollte).

Ein wenig störend war manchmal das lange Warten im Portez Armes, wenn etwas diskutiert wurde. Vielleicht hätten hier auch die Unteroffiziere ein Reposez Vos Armes befehlen können? Andererseits ist es auch wieder authentisch, zu warten ...

Positiv fand ich das allgemeine Auftreten der 22er. In den abgewetzten Uniformen und dem Nächtigen auf Stroh (Zuschauer: „Habt ihr keine Zelte?“ – „Nein, wir hatten damals keine.“), das wirkte schon authentisch und trifft auch genau meinen Geschmack. Es geht auch minimalistisch! Das Feuermachen mit Feuerstein und Zunder war auch super. Die Drilleinweisung am Donnerstagnachmittag war ebenfalls sehr gut (Oliver war allgemein ein Hort des Wissens), wobei mir sicherlich mein Vorwissen aus dem Bürgerkriegsreenactment zu Gute kam. Geschossen habe ich nicht – die Leihmuskete war sehr verdreckt und bedarf einer Grundreinigung. Auch wäre es mir ein bisschen heiß gewesen, in der zweiten Reihe zu schießen – lieber erst einmal trocken Fußstellung etc. üben.

Alles in allem hat es mir gut gefallen. Es war zwar anstrengend, aber so ist Reenactment eben. Glücklicherweise konnte mir Patrick am Samstag seinen Tornister leihen – meine Behelfslösung names Sack war auf die Dauer nicht das Wahre, insbesondere, wenn er auf der linken Schulter hängt, die sowieso durch das Schultern des Gewehrs sowie einen ein wenig zu enges Armloch des Rocks schon angestrengt ist. Es war ein Event, dass eine gute Gelegenheit zum Reinschnuppern gab; wo man die grundsächlichen Befehle lernen konnte und mal ein Gefühl für Ausrüstung und Kleidung eines französischen Grenadiers bekam.

Grenadier Benoît



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