Großgörschen 2003 und DIE REDE.

Wie im folgenden zu lesen, hat Großgörschen 2003 geradezu eine literarische Revolution ausgelöst. Wenn ihr aus manchen Bemerkungen und Anspielungen in den nachfolgenden Texten nicht schlau werdet, so geschieht es euch grade recht! Wärt ihr eben mitgekommen! Oder, falls ihr da wart und trotzdem nicht schlau werdet: hättet ihr eben nicht so viel gesoffen! Oder falls ihr da wart, und nichts getrunken habt, und dennoch auch nicht schlau draus werdet: Hättet ihr eben mitgesoffen! Oder – aber ich will nicht weiter abschweifen und wünsche euch viel Vergnügen bei der Lektüre!

Nie mehr Großgörschen? Solche Guten Vorsätze halten eh nie lange, und dann kann man sich fragen, weshalb noch Großbeeren auf unserem Terminplan drauf ist? Ich freue mich schon auf den Bericht, der hoffentlich bald erscheinen wird. Meiner sähe vermutlich so aus:

Am Mittwoch brachen wir auf von Karlsruhe, um nach Heidelberg vorzurücken, denn von dort aus sollte es zu fünft losgehen und eine lange, lange Fahrt nahm ihren Lauf. Ich erfuhr mehr als jemals zuvor über die Punischen Kriege, die Tücken der Wagen, die von etlichen Pferden gezogen werden, und dem Glück, das uns und unserem Sergent wie so oft hold war. Aber ist das denn ein Wunder? Weil wir ja mit Fug und Recht sagen können "Gott will es." Jedenfalls kamen wir über Apolda, wo Escargot bereits auf uns wartete und wo wir den Chasseur zurück ließen, nach Naumburg.

Dort bewies sich, dass tatsächlich nachts alle Katzen grau sind, beziehungsweise ein Haus, dessen Nummer man nicht kennt, wie das andere aussieht. Endlich kamen wir an die Heimstatt von Unz Krüger, durch den Spürsinn unseres Sergents. Unser Gastgeber ließ sich leider durch klingeln (mit der falschen) Türglocke nicht zum öffnen bewegen und so lagerten wir uns vor seinem Haus. Grenadier Élève und ich legten sich gleich vor die Tür. Fataler Weise trank ich etwas zuviel von dem Wein, der schon den äußerst verdächtigen Namen "Napoleon..." oder so trug. Élève nannte ihn einen Nierenspüler und bei mir löste er die Ruhr aus, wie tags darauf am Abend noch so oft gesagt werden sollte. Ich packte mich jedenfalls, was Élève als meine Appointé's Pflicht erachtete, als Windschutz hin, so dass mein Kamerad gut schlief und ich kein Auge zu kriegte, denn der Wind pfiff wie verrückt.

Am nächsten Tag frühstückten wir in Unz Krügers Keller, was mir allerdings nicht viel brachte. Dann kamen unsere drei Kameraden, der Caporal Champagne und die Grenadiere Délicat und Poisson, an. Der Marsch konnte beginnen.

Gleich am Anfang kam mir Naumburg wie eine halbe Großstadt vor, sie wollte schier nicht enden. Doch noch hatten wir Puste genug zum Singen und ich schleppte die vermaledeite Kanne. Überhaupt waren wir mächtig beladen, dass fast ein jeder auf etwa 30 und mehr Kilo Marschgepäck kam, das mit dem Weg nicht leichter werden wollte. Schon die Steigung zu irgendeiner Burg kostete mich einiges.

Zum Glück gab's da oben kühles Bier und eine etwas längere Rast. Dann ging es weiter über gewaltige Gebirge, die eigenartigerweise in ihrer Höhe garnicht auf Karten zu finden sind. In irgendeinem Wäldchen kam es zum Disput, wer denn heldenmütiger sei, die Kannen- (ich und Délicat) oder die Marmite-Träger (unter denen sich durch die an den Tag gelegte Leichtigkeit nachher Élève hervortun sollte). Ich hätte nie geglaubt, wie schwer so eine Kanne auf jeden Fall werden kann, und in irgendeinem Dorf ging auch noch mein Schuh kaputt, womit er es mir gleichtat. Irgendwelches versprochenes Bier gab es dann auch nicht, was ich nur mit Gleichgültigkeit registrieren konnte.

Dann liefen (gut, ziemliche Übertreibung) wir einen steilen Weg hinauf, ich und Délicat voran. Oben auf dem Bergrücken muss ich allerdings auch einige Erschöpfung dann eingestehen. Die Sachsen von Unz Krüger, die uns immer vornweg "rannten", sie wurden dafür von uns auch nur "Handtaschenträger" genannt, wirkten schon manchmal demoralisierend auf mich.

Wir langten in einem Dorf in der Nähe von Weißenfels, nach einer Strecke über eine besonders hitzige Wiese, an. Dort gab es eine Kneipe, die uns von ihrem "besten" Gast gezeigt wurde. Hier schien tatsächlich noch die Zeit stehengeblieben, allerdings aus einer anderen Epoche. Wir wurden mit "Sexy, sexy, dieser Mann ist sexy..." und noch schrecklicheren Auswüchsen des deutschen Schlagers beschallt, was Élève nicht ertragen konnte und im wahrsten Sinne des Wortes, den Stecker rauszog. Welch eine heldenhafte Tat?

Nach dieser Pause ging es weiter, ohne dass man den Eindruck bekommen hätte, ein Ende wäre in greifbarer Nähe. Ganz im Gegenteil. Die Äcker und so weiter streckten sich immer weiter hin, bis wir gewiss schon über dreißig Kilometer (über 4 preußische Meilen) hinter uns gelassen hatten, ohne dass Poserna, unser Ziel, in greifbare Nähe gerückt wäre.

Jetzt griff, nach einem mörderischen, staubigen Acker, Volker oder nennen wird ihn lieber Wolfgang, unser Retter, ein. Todesmutig warf er sich auf seinen blauen Wagen, spannte sämtliche müde Gäule vor, um uns aus der Gefahr zu befreien, selbst noch vor seinen sächsischen Kameraden. Welch eine Heldentat?

So kamen wir früher oder später in zwei Etappen, zuerst Poisson, Champagne und Bergér, dann Sans-Souci, Délicat, Élève und ich, auf unseren Lagerplatz. Und wiederum rettete uns Volker nach gutem Zureden vor den Tücken des mit angriffswütigen Schnecken besetzten Lagerplatzes bei Poserna und schaffte uns nach Großgörschen...

Am Freitag trafen unsere Unterstützungstruppen ein, die aus den Grenadieren Rôtisseur, Os und Égalité bestanden. Wir exerzierten sogleich eine ganze Weile. Auch der Grenadier Picot quälte sich zu uns, obwohl ihn eine Krankheit eigentlich darnieder warf. Doch sicher erinnerte er sich an die Rede Dantons von 92, der dazu aufrief, sich zu den öffentlichen Plätzen tragen zu lassen, um die scheidenden Krieger den Hass gegen die Könige und Unterdrücker zu lehren...

Danach wies uns der Bürger mit "DEM Wagenrad" auf dem Kopfe an, Lagerwache zu tun, was wir trotz der schrecklichen Hitze vollends taten. Er befahl uns sogar, die Unauthentischen zu rügen (er vergaß wohl, dass er in Großgörschen war). Als wir in den Teil des Lagers kamen, der von gewissen schwarz "uniformierten" Banden behaust wurde, wo es Militärzelte "à la mode future" gab und die Plaste allgegenwertig war... Wir drehten jedenfalls schnell genug um.

Danach machten einige von unseren Grenadieren die Entdeckung einer verlockenden Baracke, die später zum sehr traurigen Schicksal einer bestimmten Muskete beitragen sollte. Dann gab es noch die Ansprache, die wie immer bei solchen Anlässen schön gewürzt mit Selbstbeweihräucherung und so weiter war, und nachdem der halbe Dorfvorstand angetreten war und auch eine Abordnung vom GRFM Gens** sowie der Tan****** ihre Zeit zur Selbstdarstellung hatten, kamen wir zurück an unser Feuer. Das konnten wir natürlich nur durch den uns eigenen Humor überstehen. Der Abend war ganz nüchtern für mich, denn die Ruhr hatte mich noch in ihren gierigen Klauen.

Am nächsten Tag ging's ins Gefecht. Wir lagerten im Garten des Pfarrhauses von Großgörschen und wurden nur hin und wieder vom Lärm gestört, den die anderen Truppen machen mussten. Von all dem Scharmützieren sahen wir freilich nichts. Einzig einen desorientiert wirkenden Lützower bekamen wir zu Gesicht.

An diesem lauschigen Ort zündeten sich Poisson und der Guide eine unglaublich große Zahl weiß umwickelter Tabaksstengel an.

Endlich meinte unser Sergent, wir müssten ins Straßengefecht. Hierbei machten wir das erste Mal mit der Cholerik eines gewissen Tiefanschlag-H***** Bekanntschaft. Die preußische Artillerie legte allerdings direkt und auf kürzeste Distanz auf uns an! Mit ein-zwei Salven war das Dorfgefecht für uns zu meiner Freude vorüber. Die Konfusion der preußischen Führung zu beschreiben, wäre sehr müßig – ich verzichte darauf. Danach lagen wir nahe der zukünftigen Walstatt im Gras und kochten Tee ab.

Wir meisterten das folgende Gefecht mit der uns eigenen Routine und Begeisterung. Einzig die unsrige Kavallerie ist erwähnenswert, denn ich hatte mehr Angst vor ihr als der feindlichen Infanterie. So mancher von den Knaben fiel auch vom Gaul. Ihre "Uniformen" konnte ich sowieso nicht so recht definieren. Singend und triumphierend marschierten wir zurück in unser Biwak, wo die Vernünftigen rasch, trotz der großen Hitze, ihre Musketen reinigten. Die Begeisterung der Freiheitsliebenden war trotz der ägyptenähnlichen Temperaturen ungebrochen.

Das zeigte sich auch an der Sangeskunst, die wir am Abend am Talibanstand an den Tag legten. Natürlich tat sich dabei wie stets unser Sergent hervor. Mir ging es übrigens durch allerlei Arzenei wieder besser – ich hatte die Ruhr niedergerungen! So erschall etliche Male "Sur la Route de Dijon", was zum Nummer 1 Lied des Biwaks avanciert war. Im Festzelt eingerückt, mussten wir dann dem lauschen, was die Schotten für Musik halten. Sie drücken auf einen Sack, der klingt, als bisse jemand einer Katze in den Schwanz – die Arme!

Über Berger an diesem Abend sag ich garnichts, denn wer den Schaden hat, spottet bekanntlich jeder Beschreibung.

Des Nachts sah ich noch die eigenartigsten Gestalten an unserem Feuer, oder meine Aufnahmegabe war schon arg benebelt.

Am nächsten Morgen nahmen wir Abschied und eine ganze Reihe ereignisreicher Tage nahm ihr Ende, wir fuhren Richtung Karlsruhe zurück.

Mort aux tyrans

Du Jard
appointé et citoyen

 

Ach, abgesehen von:

Plastikanzügen
Kulturbeuteln
Plastikkanistern
Badelatschen
Kopftüchern
Turnschuhen
Springerstiefeln
Iglu-Zelten
Campingstühlen
Campinggrills
Ketchupflaschen
Senfgläsern
Teppichböden
Feldbetten
Bierdosen
Kleinradios – Ja es ist wahr!
Kirmes
Festzelt – Mit uns ist jedes Festzelt eine Bereicherung
Zivilisten im Lager
seltsamen Uniformen
KLOBI – Kult
dem Napoleondarsteller
UWE - Was wollte der eigentlich?
der Schlacht
dem Klobiregiment – Eliteeinheit
dem Frauenregiment
den Faschos
den Bierbänken
den Emailtellern und -tassen
dem Dudelsackspieler – Irgendwann... irgendwann...
etc. etc...

war es gar nicht so schlecht. Wir für unseren Teil haben das beste aus unserer Situation gemacht. Dazu kommt, daß meine Meinung dazu war, daß wir zusammen wieder einen Haufen toller Sachen erlebt haben, wenn man mal von Reenactment absieht. Das sind schließlich die Sachen, die wir irgendwann einmal unseren Enkeln erzählen werden.

Ich sage nur der Marsch, unser Lager, der Talibanstand, die Tschechische Wurst, das Festzelt, der jüdische Weinhändler, überhaupt der Kirschwein, die Leute der anderen Einheiten, speziell die Sachsen und natürlich eine Gabe, die nur die 22e bekommen hat, unsere Fähigkeit, über jeden und alles zu lachen. Auch über uns selbst! Hier müssen Worte wie "Klobi" oder "Uwe" fallen oder die SS.

Ich glaube, jeder von euch, der jetzt wieder sein normales Leben aufgenommen hat, wird nur an die lustigen Momente in Großgörschen denken und die Sachen, die nicht so toll waren, vergessen. Und so lange wir untereinander gut miteinander auskommen, sind wir eh die beste Einheit in ganz Deutschland wenn nicht so gar Europas.

Denkt daran, ich habe für Leipzig schon mal vier Kisten Kirschwein geordert.

Ein Hoch auf Ignatz den jüdischen Weinhändler.

Also bis dann und ich hoffe wir haben uns verstanden!

Élève

P.S. Denkt an die Sicherheit!

Und hier nun die REDE:

Also ich muss mich hier an dieser Stelle mal selbst loben, denn ohne mich wäre diese glorreiche und historische Veranstaltung in diesem authentischen Rahmen mit Rummel und Volksfeststimmung unmöglich gewesen! Ich bin Grossgörschen, Grossgörschen bin ich!!!!

Desweiteren muss die ich Tapferkeit zweier Grenadiere der 22e, namens Poisson und Égalité, hervorheben, die trotz Alkoholkonsum und der Verführung des Trios infernale zum Genuss von benebelnden Kräutern, die letzte Bastion unhistorischen Campings verteidigt haben, indem sie versucht haben, einem wehrlosen pöbelnden Zivilisten ordentlich eins auf die Mütze zu geben. Wenn auch dieser Versuch an dem Einfluss der von mir genannten Suchtmittel scheiterte, so muss ich doch eines noch erwähnen!

MÄNNER SICHERHEIT!!!!

Nun bitte ich den Mann vorzutreten, ohne den ebenfalls nicht die Sicherheit, aber wenigstens mehr Authenzität im Biwak geleistet wäre.

Obrist Leutnant Jürgen Gensch vortreten!!

Jürgen, wir wissen alle, was du in all den Jahren, während deiner unglücklichen Tätigkeit beim MHV vollbracht hast. Denke ich nur an all die undynamischen und sinnlosen Schlachten in Leipzig, Grossgörschen oder Grossbeeren, oder deine stalinistische Selbstdarstellung bei der Selbsternennung zum Obrist Leutnant. Aber du hast das unmögliche gemacht, du hast einen maskulinen Adjutanten von vorne begattet oder wolltest trotz Regen in die Schlacht ziehen, ich zitiere "Männer, wir stehen zu unserem Wort, wir gehen auch trotz Regen zur Schlacht!"

Aus diesen Gründen ernenne ich dich nun zum General Reichsmarschall!

General Reichsmarschall Gensch abtreten!

Leider muss ich mich nun bei dem gebräunten Herrn in Grün mit der historischen entschuldigen, es tut mir leid, in welcher Art und Weise wir Ihnen in Austerlitz "Oh Tannenbaum" vorgetragen haben. Hiermit verspreche ich, daß in Leipzig jedes Mitglied der 22e alle 5½ Strophen dieses Liedes singen können wird! Ich hoffe, Sie können uns nun verzeihen!

Nun zu dem Herrn Lisewski, lieber Eugeeen, warum trägst du diese blöde Augenklappe?

Aber eigentlich kann ich mir diese Frage ja selbst beantworten. Du hast Augenkrebs bekommen, während du vor dem Biwak deine saubere Uniform betrachtet hast!

Desweiteren muss ich mich im Namen der 22e über einige Dinge beschweren!!

1. Die Reden des Bürgermeisters und des stalinistischen Selbstdarstellers Peter Mechler waren an Sinnlosigkeit kaum zu übertrumpfen!

2. Das Gefechte waren wie gewohnt grottig.

3. Die Musik im Festzelt war scheiße.

4. Die Kavallerie bestand aus unzähligen Dilettanten.

5. Um das Ganze abzurunden, DAS GANZE BIWAK SEITENS DER VERANSTALTER WAR WIEDER MAL BESCHISSEN!!!

So, nun grüsse ich noch einige Personen:

Zuerst natürlich die restlichen Stäbler, die das Glück hatten, diese Veranstaltung verpasst zu haben:

Grenadier Bonnet
Stefan Roda
Alfred Umhey
Roland Umhey
Michael Jäger
Katja Kelbling
Backenbart, keiner von uns!!!

Nun zu allen anderen,

Uns Krüger, einer von UNS
Volker, auch wenn ich nicht dabei war, so hast du zumindest den Rest der 22e erfreut
Ours Velu, ja ich weiß, Türen ausbauen in Spanien macht Spaß
Mathieu, Kolben sind wie Ehen, alles bricht mal, manches mit, manches ohne Hilfe
Sven Meinhardt, Autobahnen könne ganz schön lang sein
Picot, jedes Loch schließt sich irgendwann, ich fand's gut, dass du trotzdem da warst, noch immer einer von uns!!

Ich hoffe, wir haben uns verstanden!!

Seid auch beim nächsten Mal dabei, wenn es heißt "Berger IV – Die Rückkehr".

Und vergesst nicht: Putschen bringt nix!

Vielleicht ist die Rede auch ein bisschen kurz geraten...

Naja, wat solls...

Adieu, Os

Campari für alle!!



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