Ein Wochenende in Paris – 16. bis 18. November 2001.

Honneur et Fidelité

Im folgenden ist der Bericht des Bürgers Doigt de Fer über unseren Ausflug nach Paris wiedergegeben. Einige Ergänzungen und Anmerkungen des Caporals sind in eckigen Klammern dazugesetzt:

[Wir vier (Champagne, Délicat, Raik und Sans-Souci) waren am Freitag leider erst gegen 9 Uhr abends in unserer geliebten Hauptstadt angekommen und zogen abends noch mit einem unserer Malteser Freunde von der 19e demi-brigade de ligne durchs Viertel, um etwas zu essen. Als wir vor einem recht hübschen Restaurant standen und die Karte studierten, eilten die Kellner sofort nach draußen und baten uns hinein, unsere Uniformen würden so gut zur Inneneinrichtung passen ... Wir ließen uns nicht sehr lange bitten – Paris ist nächtens recht kalt im November – und nahmen dankbar die Runde Champagner entgegen, die uns von diesen wackeren Patrioten spendiert wurde.

Das Essen war ein wahrer Gaumenschmaus (drei von uns wählten Huhn in Weinsoße, die anderen beiden Wildschwein) und für Pariser Verhältnisse nicht zu teuer.

Als wir dann nachts ins Quartier zurückkamen, trafen wir dort den schon sehnlichst vermißten Grenadier Doigt de Fer an, den wir früher am Abend leider verpaßt hatten und dessen Bericht hier nun einsetzt:]

Den Abend habe ich dennoch in angenehmer Gesellschaft verbracht, da ich mit einer Gruppe Italiener (ich glaube von der 51.) essen gegangen bin, was einigen Spaß brachte, zumal ich kaum ein Wort italienisch spreche. Vorher hatte ich für unsere kleine Gruppe der 22. einen Klassenraum im Collège La Rochefoucauld beschlagnahmt, den wir fünf dann für zwei Tage für uns alleine hatten. Die Sachsen kamen aus Heidelberg mit unserem Caporal wenig später, nachdem ich mit den Italienern losgezogen war, so daß wir uns erst nach Mitternacht brüderlich vereinen konnten.

Der nächste Morgen sollte mit einer Wache am Parkplatz für die ENS-Teilnehmer beginnen, um Spätankömmlingen [soll heißen: Frühankömmlingen, Anmerkung des Caporals] das Quartier zu weisen. Der Caporal der 22. übernahm die Wache mit Raik um 4, wogegen Champagne und Doigt de Fer die Wache um 5 übernehmen wollten. Aber das Schicksal schlug zum ersten Male schwer zu: Morpheus entließ die beiden trotz mächtiger Gegenwehr nicht aus seinen starken Armen. Selbst Aufforderungen des Caporals, die schließlich in Handgreiflichkeiten, will sagen leichtes Schulterrütteln, endeten (wie am weiteren Morgen berichtet wurde), konnten die beiden Grenadiere nicht von Morpheus befreien, dem sicherlich sein Vater Somnus zu Hilfe geeilt war. So ersparte ihnen schließlich die unvergleichliche Aufopferungsbereitschaft des Caporals ein allzufrühes Ende der Nacht.

[Anmerkung eures Caporals: Es freut mich, daß ihr mir so begeistert jedes Wort abnehmt, wenn ich versuche, mich morgens früh durch Geschichtenerzählen wach zu halten. Natürlich habe ich nicht versucht, die beiden zu wecken, das wäre doch sicherlich Morpheus und Somnus vereinten Kräften zum Trotze nicht ohne Erfolg geblieben ... Da aber die Zeit von 4 bis 5 wie im Fluge verging, hatten die beiden wachhabenden 22er sich entschieden, die Schläfer schlafen zu lassen und stattdessen ein paar Gewehrgriffe noch einmal durchzugehen.]

Zum zweiten Mal schlug das Schicksal dann gegen halb acht zu: Kurz vor dem Abmarsch zum Invalidendom stürmte eine Schar von Nachzüglern das Schulgelände, mit ihnen das Schicksal, das schon bald in Gestalt einer Muskete, Modell Charleville, dem Grenadier Doigt de Fer unfälligerweise ins Gesicht und da unter das linke Auge schlug. Da sein nom de guerre sich ausschließlich auf gewisse fragwürdige Leistungen seiner Hände in der Vergangenheit bezieht, schwoll die Gesichtsgegend schnell an, was auch das Kühlen mit dem briquet nicht verhindern konnte.

Nichtsdestotrotz waren die tapferen Grenadiere der Republik bald auf dem Weg zum Invalidendom, wo sie im Ehrenhof Aufstellung nahmen, unter ihnen der lila geschmückte Doigt de Fer [sah sehr martialisch aus. AdC]. Sehnlichst wartete alles auf das Frühstück, das schließlich im Inneren und damit in der Wärme eingenommen werden durfte. Besonders zu erwähnen sei der vorzügliche Instantkaffee (:-(, na wenigstens das Wasser war heiß.

Mit den Tapferen speiste auch der General, an einem Tisch mitten unter ihnen, aber dennoch so weit von ihnen entfernt. Anschließend besah jener sich das Exerzieren und Manövrieren seiner Truppen im Ehrenhof, das bis um die Mittagszeit dauerte. Dann kurzes Wachestehen noch vor dem Mittagessen, das froh war, endlich hungrige Mäuler gefunden zu haben, die es wunsch-, willen- und kritiklos vertilgen sollten. Doch waren die Mäuler nicht hungrig genug, und die feisten Bäuche verweigerten zu großen Teilen dieses Mahl.

[Nicht aber der Magen eures Caporals, der die ersten Minuten lang richtig froh war, endlich einmal auf völlig authentisch zubereitetem Fleisch komplett mit Sehnen und Nerven rumkauen zu dürfen !!]

Der Nachmittag brachte den Höhepunkt des Tages. Im vollbesetzten Dom wurde Invaliden aus vergangenen Kriegen sowie den Tapfersten der Italienarmee eine Anerkennungsmedaille mit der Aufschrift "honneur et fidélité" ("Ehre und Fröhlichkeit" laut Caporal Sans-Souci der 22.) angeheftet, nicht ohne daß der Stab sich vorher auch eine solche Medaille angeheftet hatte. [Anmerkung eures Caporals: die meisten nicht so fidelen Wörterbücher behaupten irrtümlich, dafür aber umso steifer und fester, daß "fidélité" zu deutsch "Treue" hieße.]

Besondere Hervorhebung verdient hier die Auszeichnung des tapferen und wohlgeliebten Caporals Sans-Souci der 22. Halbbrigade. Nachdem man nun sich und andere schön geschmückt hatte, mußte wieder an das leibliche Wohl gedacht werden. Zwischendurch war dennoch genügend Zeit, das Armeemuseum sowie die Krypta zu besichtigen, was vor allem im Museum zu netten Begegnungen führte (ach, sie sind aus den Vitrinen?). Überhaupt zeigte sich die hauptstädtische Bevölkerung sehr aufgeschlossen und neugierig den wilden und martialischen Gestalten gegenüber, die so lange in ganz Europa für das Wohl der Republik gekämpft hatten.

Der Tag endete [AdC: nach einem nach den mittäglichen Erfahrungen überraschenderweise vorzüglichen Abendessen] mit einem Rückmarsch durch die abendliche Stadt zum Quartier, Musik voran, und die ruhmreiche 22., zumindest das, was von ihr übrig geblieben ist [5 Mann von den 8, die sich ursprünglich für Paris angemeldet hatten], bildete den fröhlichen Abschluß des langen Zugs.

[Ergänzung eures Caporals: natürlich endete der Tag nicht damit, sondern lediglich sein offizieller Teil. Wir wanderten abends noch alle zusammen zum Eiffelturm, leerten anschließend gemeinsam eine Flasche Wein am Ufer der Seine, um sie dann sogleich als Behälter für eine Flaschenpost mit wichtigen Botschaften an die Welt zu verwenden, und suchten dann Schutz vor der Kälte in einer Bar, wo wir wieder auf unsere Malteser und den Commissaire de Guerre Moustache stießen. Als wir ins Quartier zurückkamen, waren unsere tschechischen Freunde noch wach, so daß nicht alle von uns sofort schlafen gingen].

Soweit der einseitige Bericht eines Teilnehmers aus Paris. Es war ein gelungener Aufenthalt in der Hauptstadt, und über gewisse Details schaut man einfach hinweg.

Salut et fraternité

Doigt de Fer



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